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Die öffentlichkeitswirksame Zerstörung von gefälschten CDs und DVDs (hier in Shenyang) soll den Willen Chinas demonstrieren, gegen die Produktpiraterie vorzugehen. Bei Patenten fehlt der Eifer hingegen.

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Die staatliche Austria-Wirtschaftsservice-Förderbank bietet hier rechtliche Hilfe an.

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Der französische Schneider-Electric-Konzern staunte nicht schlecht: Ein chinesisches Gericht verurteilte das Unternehmen zu einer Strafe von 31 Millionen Euro wegen Patentverletzungen. Die Patente betrafen alle Entwicklungen von Schneider, die zwar in Europa und den USA geschützt sind, nicht aber in China. Ein findiges chinesisches Unternehmen hatte sich die Schneider-Entwicklungen für China sichern lassen.

Fälle wie dieser sind in China bereits zur Regel geworden: Eine eigene Industrie ist auf der Jagd nach wertvollen Patenten und Markenrechten, die in China noch nicht geschützt sind. Die ausländischen Unternehmen müssen sich dann ihre eigenen Rechte in China von den Patentbesitzern teuer zurückkaufen. Und oft sichern sich die chinesischen Unternehmen dann sehr schnell die Patente auch noch in Ländern, in denen die Europäer ebenfalls eher nachlässig agieren, wie etwa Südamerika und Afrika.

Auf dem Vormarsch

Mit rund 100.000 Patentanmeldungen pro Jahr liegt China bereits weltweit auf dem vierten Platz hinter Japan, den USA und Südkorea. Bis zur Hälfte der chinesischen Anmeldungen könnten auf "Patentpiraten" zurückgehen, meinen Experten.

Rund 80 Prozent der österreichischen Unternehmen, die in China tätig werden, verzichten auf die zum Teil sehr aufwändige Patentanmeldung und erleben dann "Überraschungen" wie Schneider, erzählt die Leiterin des Schanghai-Büros der staatlichen österreichischen Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws), Verena Nowotny.

Derzeit werden sieben von zehn europäischen Unternehmen in China Opfer von Produktfälschern und verlieren dabei im Schnitt ein Fünftel ihres Umsatzes vor Ort. Die komplizierte chinesische Bürokratie sowie Kosten und Aufwendungen für Anwälte und Dolmetscher schrecken viele Firmen ab.

Immerhin sind 16 verschiedene Behörden für den Schutz geistigen Eigentums zuständig. Die Mindestkosten für einen Patentantrag betragen etwa 7000 Euro.

Geringere Kosten

Die aws bietet österreichischen Unternehmen an, die Patente schützen zu lassen und kann durch den Einsatz lokaler Experten die Kosten auf 500 bis 1000 Euro drücken, sagte der Patentexperte der aws, Georg Buchtela. Ähnlich niedrig seien die Kosten auch für chinesische Unternehmen. Der Vorgang der Registrierung dauere ein bis zwei Jahre. Die aws hilft heimischen Unternehmen nicht nur bei der Anmeldung, sondern auch bei der Durchsetzung von Urheberrechtsstreitigkeiten.

Im ersten Jahr des Programms wurden insgesamt 227 Anträge auf Unterstützung bei der aws eingereicht. Gefördert wurden 55 Patent-und 27 Markenanmeldungen, in elf Fällen wurden Betriebe bei der Durchsetzung ihrer geistigen Eigentumsrechte unterstützt. Ähnliche Programme für China gibt es laut Buchtela derzeit nur von Italien, Deutschland und den Niederlanden. Ende März soll ein Helpdesk im Büro der EU-Kommission in Peking seine Arbeit aufnehmen.

Auf dem Weg zur Innovationsnation

Experten sehen hinter der chinesischen "Patent-Piraterie" durchaus auch politisches Kalkül: China will in den nächsten 15 Jahren zu einer "Innovationsnation" werden, sagte der frühere Wirtschaftsminister Bo Xilai 2006. Und um dieses Ziel zu erreichen, werden westliche Technologien auch schlicht kopiert.

Vor allem die Bereiche Breitband-Internet, Handys, Energie, Wasseraufbereitung, Medizin, Flugzeugbau und Gesundheitsvorsorge stehen ganz oben auf den chinesischen Wunschlisten. Unternehmen, die in diesen Geschäftsfeldern tätig sind, müssen sich oft den Marktzugang mit der unfreiwilligen Technologieweitergabe erkaufen. Danone führt gegen den eigenen Jointventure-Partner einen aussichtslosen Prozess, da dieser das von Danone bezogene Know-how dazu benutzte, dem französischen Konzern heftige Konkurrenz mithilfe von Tochterfirmen zu machen. (Michael Moravec, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.2.2008)