Sozialminister Erwin Buchinger und Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter überbrachten nach erfolgter Einkaufstour gestern einen Einkaufswagen voll gepackt mit Lebensmittel im Wert von 100 Euro an die BewohnerInnen des Wiener Obdachlosensvereins neunerHAUS.

Foto: neuenerhaus
Wien – Die SPÖ setzt alles daran, die ÖVP in der aktuellen Teuerungsdebatte vor sich herzutreiben. Sozialminister Erwin Buchinger und Staatssekretär Christoph Matznetter traten am Donnerstag – zwei Einkaufswagerln vor sich herschiebend – vor die Presse. Die Botschaft: Um 100 Euro kann man jetzt nur noch zwei Wagerln vollräumen, vor einem halben Jahr hätte man noch 2,5 Wägen voll bekommen. Um die „drastischen Preissteigerungen“ auszugleichen, brauche es die von der ÖVP abgelehnte Einmalzahlung von 100 Euro für sozial Bedürftige, forderten Matznetter und Buchinger erneut.

„Frivole“ ÖVP-Argumente

Die ÖVP-Argumentation, die Mehrkosten der Einmalzahlung von rund 120 Millionen Euro würden die nächste Steuerreform gefährden, bezeichnete Buchinger als „frivol“. „Das Geld für die Gstopften ist da, für die Armen nicht.“ Heftig kritisiert wird von den Roten nun auch wieder das eigentlich mit der ÖVP vereinbarte Auslaufen der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Vor einigen Monaten wurde diese Maßnahme von Kanzler Alfred Gusenbauer in der deutschen Bild-Zeitung noch heftig beworben. Jetzt klagt Matznetter, vom Auslaufen würden die „Millionen-Erben“ profitieren, und dem Staat fehlten jährlich 140 Millionen Euro. Ob die SPÖ nun für eine neue Erbschaftssteuer eintrete, ließ Matznetter zwar offen, möglich sei eine Reparatur aber „in vier Wochen. Das ist kein Problem.“

Ein Dorn im Auge ist Matznetter nun auch, dass sämtliche Freiberufler (etwa Ärzte, Rechtsanwälte und Steuerberater) nicht entnommene Gewinne begünstigt versteuern können. Hier habe die ÖVP nach einem Entscheid des Höchstgerichts eine Reparatur abgelehnt.

Im Büro von Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) wurde betont, dass sowohl das Auslaufen der Erbschaftssteuer als auch die steuerliche Begünstigung von Freiberuflern „gemeinsam“ beschlossen worden seien. „Wenn die SPÖ das jetzt revidieren will, um den Koalitionspartner zu erpressen, muss sie erklären, warum sie zuerst zugestimmt hat.“ Außerdem sei vereinbart worden, dass man für Schenkungen ab einer gewissen Höhe eine Meldeverpflichtung statt der Steuer einführen wolle. „Wenn Matznetter das jetzt blockiert, muss er erklären, warum er absichtlich einen Schaden für die Steuereinnahmen in Kauf nimmt.“

Wegen der hohen Energiepreise kündigte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) am Donnerstag ein Energiepreismonitoring an. Die SPÖ wiederum forderte den Minister auf, die geplanten Zusammenschlüsse im Lebensmittelhandel – Rewe/Adeg, Spar/Zielpunkt – zu verhindern.

Wegen der anhaltenden Streitigkeiten forderte das BZÖ die SPÖ auf, eine Sondersitzung des Nationalrates einzuberufen. Die Grünen kündigten an, bei der nächsten Parlamentssitzung selbst einen Antrag auf Einmalzahlung einzubringen, wenn sich SPÖ und ÖVP bis zum nächsten Ministerrat auf nichts einigen können. (Günther Oswald/DER STANDARD, Printausgabe, 8.2.2008)