Der "Bonanza Chair" stilgerecht inszeniert.

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"Waist Lamp"

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In Gelb der "(Polygon) Chair"

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"(Rocking) Chair"

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Designer Wilm Fuchs und Kai Funke mit geschultertem "Papton"

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Manchmal entstehen erfolgreiche Teams auf ganz einfache Weise. Wilm Fuchs und Kai Funke, der eine aus dem süddeutschen Heidelberg, der andere aus dem norddeutschen Oldenburg, saßen bei der Aufnahmeprüfung für die Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig nebeneinander.

Das Alphabet war ausschlaggebend, alles Weitere hat sich seither relativ von selbst ergeben - bald wechselten sie an die Universität der Künste in Berlin, heute haben Fuchs+Funke ihr Büro in einem Gewerbehof im Wedding, in der Gegend also, in der schon vor hundert Jahren der Reichtum der deutschen Hauptstadt geschaffen wurde und in die nun zwar nicht mehr die großen Industrien zurückgekommen sind, wohl aber die Kreativen.

Rundum stabil

Hier entstehen Produkte wie "Papton", ein Stuhl aus Karton, dessen Ursprungszustand eine flache Form hat und der in Windeseile zusammengebaut werden kann - leicht ist er mit seinen knapp zwei Kilogramm, und ein wenig waghalsig fühlt man sich auch, wenn man zum ersten Mal draufsitzt. Er ist dann aber rundum stabil, wenn er auch vielleicht als Kartonmöbel nicht der herkömmlichen Kategorie von Langlebigkeit entspricht. Jedenfalls gab es für "Papton" im Jahr 2004 einen Materialica Design Award in der Kategorie "Idee".

"Stühle sind ein zentrales Thema, dessen Herausforderung man immer wieder gerne sucht", so die Designer. Sie sind denn auch im Portfolio von Fuchs+Funke mehrfach vertreten. Neben dem "Papton" und dem "Balsa Carbon Chair" haben sie noch diverse Klappmodelle, zum Beispiel den "(Reclining) Chair", einen Lehnstuhl, dem man nicht sofort ansieht, dass man tief in ihm verschwinden kann, wenn man ihn anfangs sehr alltäglich als Bürostuhl auf vier Füßen sieht. Analog funktioniert der "(Lounge) Chair" mit einem gewissen Kniff, den Dinge haben können, wenn sie einen Schritt weiter durchdacht sind, als nötig gewesen wäre.

Warum sie sich eine Zeitlang so für verstellbare und klappbare Objekte interessiert haben, können Fuchs+Funke gar nicht so genau beantworten. Zweifellos steckt da aber noch das klassische Interesse der Moderne an einfachen Lösungen für die kleinen Probleme des Alltags dahinter - warum nicht einmal aus einem Holzstuhl durch Umlegen einer einzigen Verstrebung einen Schaukelstuhl machen wie beim "(Rocking) Chair"?

"Berlin Mitte"

Das Möbel von Fuchs+Funke, das vermutlich die bisher größte Öffentlichkeit erreicht hat, ist ein Stuhl, den sie für die politische Talkshow "Berlin Mitte" (jetzt "Maybrit Illner") gebaut haben. Zu dem Auftrag kamen sie durch einen "typischen Netzwerkfall". Ein Büronachbar, Andreas Bergmann, hatte den "pitch" für das gesamte Setdesign gewonnen, für die Stühle wurden Fuchs+Funke beigezogen. Sie entwarfen "einen Sessel mit den Maßen eines Stuhls" - und übernahmen für das ganze Set schließlich auch die Entwicklung der Konstruktion. Schon während des Studiums fielen sie dadurch auf, dass ihre Sachen "immer schon ein wenig weiter ausformuliert" waren. Die Modelle "waren nicht aus Papier, sondern wir haben gleich selber geschweißt". Das führte gelegentlich zu Missverständnisse, denn ihre Arbeiten erschienen manchmal "zu wenig theoretisch".

Dabei wird im Gespräch jederzeit klar, dass Fuchs+Funke sehr genau wissen, wie sich ihre Entwürfe zu den großen Vorbildern verhalten. Ironie ist ihre Sache nicht, aber eben auch kein Nachbeten der Formeln der Moderne. Dass die Suchmaschinen im Internet bei "Papton" gelegentlich nach dem Alternativbegriff "Panton" fragen und damit nach einem gefeierten Meister des Designs im 20. Jahrhundert, finden sie amüsant.

Den ersten wichtigen Erfolg hatten Fuchs+Funke im Jahr 2000 beim Salone Satellite in Mailand mit dem "(Pillow) Chair", der zusammengefaltet wie ein elegantes Sitzkissen wirkt und auseinandergefaltet jene Kombination aus Leichtigkeit und Komfort erkennen lässt, mit der sich die damaligen Newcomer ihre eigene Latte gleich ziemlich hoch legten. Erste Kontakte zu Herstellern waren die Folge.

Ein demokratisches Objekt

Auch bei der Leuchte "Waist Lamp" ging es zuerst darum, mehrere Arten der Verwendung zu ermöglichen - eine Zeitlang lief es auf eine verstellbare Lampe hinaus, die mit Magnetkraft stabilisiert werden sollte. Schließlich kam aber eine ebenso einfache wie überzeugende Lösung heraus, eine Kombination aus direktem und indirektem Licht, das nach unten und nach oben freigegeben wird. Die Lampe ist "ein demokratisches Objekt", das fanden Fuchs+Funke "reizvoll". Der Preis ist mit 25 Euro für jedermann erschwinglich, ca. 30.000 Stück wurden bisher verkauft.

Die "Waist Lamp" ist auch ein gutes Beispiel für die Prinzipien der zwei Designer, obschon sie gelegentlich die Erfahrung gemacht haben, dass Understatement nicht immer Beachtung findet: "Ein Objekt fühlt sich für uns schlüssig an, wenn es einfach und selbstverständlich ist, wie es ist." Zögernd nur lassen Fuchs+Funke sich auf die Frage nach Vorbildern ein. An den Brüdern Heinz und Bodo Rasch (die 1928 den Klassiker "Der Stuhl" veröffentlichten) gefällt ihnen, dass "sie systematisch und analytisch Sachen ausgereizt haben". Und an Gerrit Rietveld bewundern sie, dass er "immer sehr experimentell" gearbeitet hat. Seine Arbeiten waren, wie Fuchs+Funke mit einer bezeichnenden Formulierung sagen, "soweit man in so etwas wie konkretem Design radikal sein kann, radikal". Derzeit sitzen Fuchs+ Funke für einen Auftraggeber an einem Regalsystem, das aus wenigen Modulen ein Maximum an Veränderung gewährleistet.

Die Radikalität steckt bei Wilm Fuchs und Kai Funke nicht im Detail, sondern in der gesamten Konzeption. Sie muss, in einer Kombination aus Material und Entwurf, bestehen - im buchstäblichen Sinne des Worts. (Bert Rebhandl/Der Standard/rondo/08/02/2008)