"Das hätte man auch in drei Tagen schaffen können" - Schmied über die zähen Schulverhandlungen.

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STANDARD: Bald ist Semesterschluss. Viele Volksschüler müssen sich für die Hauptschule oder das Gymnasium entscheiden. Wie kann man dabei den Druck reduzieren?

Schmied: Wir haben die Aufnahmeverordnung überarbeitet, die den Übergang zwischen den Schulen regelt. Die Fristen für die Anmeldungen wurden deutlich verlängert. Es wird außerdem in jedem Bundesland eine Hotline eingerichtet, damit die Eltern sich informieren können, was die Vergabe der AHS- Plätze betrifft. An der generellen Problematik - also der Aufteilung in AHS- Schüler und Hauptschüler - konnte ich aber nichts ändern.

STANDARD: Wie zufrieden sind Sie mit dem Status quo bei der Neuen Mittelschule, jetzt wo dieses lange diskutierte Projekt endlich konkret wird?

Schmied: Ich habe bei den Verhandlungen gespürt, wie mühsam es ist, wenn das Vis-à-vis blockiert. Wir haben fast fünf Monate gebraucht, um zu diesem Kompromiss zu kommen. Wenn man sich von Beginn an konstruktiv zusammengesetzt hätte, hätte man das in drei Tagen schaffen können. Aber ich bin sehr zufrieden, weil dieses Projekt für mich ein erster nachhaltiger Innovationsschritt im Bildungssystem ist, das historisch gewachsen und sehr versteinert ist. 65 Schulstandorte machen mit, das bedeutet, dass etwa 3500 Schüler profitieren werden und dass wir über 600 Lehrer in diesen Paradigmenwechsel hineinbringen. Ich bin überzeugt davon, dass eine Innovationswelle entstehen wird.

STANDARD: : Es gibt aber auch Bundesländer, die sich bisher standhaft weigern, an den Modellregionen teilzunehmen.

Schmied: Ich habe österreichweit Bestandsgarantie und Rechtssicherheit geschaffen und konzentriere mich jetzt auf die Standorte, die sich auf den Weg machen. Sie haben meine volle Rückendeckung. Ich höre aber, dass in Niederösterreich, Wien, Tirol und Salzburg an Ideen gearbeitet wird, die werde ich unterstützen. Derzeit kommt es vor allem auf das Engagement vor Ort an, das kann man nicht verordnen, das muss entstehen.

STANDARD: Wie wollen Sie garantieren, dass bei all den Innovationen auch genug Geld für die "normalen" Schulen bleibt?

Schmied: Mein ganz großes Projekt ist "25 plus", also die kleinen Klassen. Ich habe das im vergangenen Jahr sehr rasch begonnen, ohne gesetzliche Basis. Das war richtig, sonst hätten wir nicht schon im September 2007 starten können. Ich möchte heuer eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen, denn das bedeutet auch mehr Ressourcen, mehr Arbeitsplätze für Lehrer und mehr Aufmerksamkeit für jedes Kind. Da dieses Projekt im Regierungsübereinkommen steht, ist es im Budget auch entsprechend dotiert.

STANDARD: Laut neuesten Daten steigen die Schülerzahlen in Privatschulen kontinuierlich. Als Vorteil der Privatschulen wird oft angeführt, dass die sich ihre Lehrer selbst aussuchen können. Ist das auch an öffentlichen Schulen denkbar?

Schmied: : Da sprechen Sie ein Lieblingsthema von mir an, nämlich die Frage der Verantwortung. Die Schulleiter sollten viel mehr mitentscheiden, was die Lehrerauswahl betrifft, müssen dann aber auch Verantwortung übernehmen, was Mitarbeitergespräche und Lehrerfortbildung betrifft. Beim Regierungspartner sehe ich da eine ähnliche Haltung.

STANDARD: Im letzten Jahr hat vor allem die ÖVP das Thema Gewalt an der Schule neu entdeckt und denkt - nach deutschem Vorbild - sogar über Erziehungscamps für jugendliche Straftäter nach. Wie wollen Sie dieses Problem an den Schulen angehen?

Schmied: Ich warne davor, mit dem Thema populistisch umzugehen und es für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen, man muss damit sehr sensibel umgehen. Wenn etwas passiert, müssen die Menschen wissen, wo sie sich hinwenden können, also werden wir eine Hotline zu dem Thema einrichten. Gewalt an der Schule kann aber nicht allein das Thema des Lehrers sein. Da sind alle gefordert, die Schulpartner, das Jugendamt, die Polizei und viele andere.

STANDARD: Nach dem turbulenten Verhandlungsjahr 2007 - kann es heuer noch schlimmer kommen?

Schmied: Meine Projekte für 2008 - also Klassenschülerhöchstzahl senken, Deutschförderkurse auf gesetzlicher Basis verankern, verpflichtendes Kindergartenjahr, gesetzliche Verankerung der Bildungsstandards, Berufsmatura - sind alle im Regierungsprogramm verankert. Also erwarte ich mir nicht den Widerstand des Koalitionspartners, sondern seine volle Unterstützung. (Andrea Heigl/DER STANDARD-Printausgabe, 2./3. Februar 2008)