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In einem Interview mit Computerworld gewährt Linux-Gründer Linus Torvalds einige Einblicke in die Probleme der Kernel-Entwicklung, warum er kein Linux-Handy hat, die kommenden Pläne für das freie Betriebssystem und die Unterschiede zwischen den einzelnen Distributionen.

Neue Funktionen und die Begeisterung

Die Schwierigkeit bei der Kernel-Entwicklung liegt laut Torvalds in dem Spannungsverhältnis zwischen der Begeisterung der ersten Wochen um die neuen Funktionalitäten, die man entwickelt, und dem späteren zähen Debuggen. "Das größte Problem ist, die Leute vom Schreiben neuen Codes abzuhalten und sich stattdessen die Fehlersuche zu priorisieren. Jeder wieß, dass es wichtig ist, aber so spannend und interessant wie neuen Code schreiben ist es dann auch nicht und das ist das größte soziale Problem, das wir aus meiner Sicht haben."

Torvalds und sein Code

Torvalds selbst arbeitet weniger am Code - er ist eher der Kommunikator. "Ich schreibe in letzter Zeit eher selten Code, außer Tools für den Kernel und dessen Entwicklung. Ich bin mehr der technische Leiter als ein Entwickler."

Die unterschiedlichen Distributionen

Auf die Frage, was er über die untrschiedlichen Linux-Distributionen denke, meint Torvalds: "Die Leute reden viel darüber, wie unterschiedlich diese sind, aber am Ende verwenden sie doch alle den gleichen Kernel. Soweit es mich betrifft, sind die Unterschiede also sehr gering. Früher hatten wir hier ein Problem was unsere Veröffentlichungspläne betraf; anstatt eines Zwei-Monats-Releasezyklus, hatten wir eine Entwicklungszeit von zwei Jahren und dann einen großen Release, so wie das Microsoft macht, nur das es dort fünf Jahre dauert. Das war sehr anstrengend und schmerzhaft für uns, da die Distributoren mit all ihren Addons nicht zwei oder zweieinhalb Jahre warten konnten und sich so große Probleme ergaben." Durch die geänderten Veröffentlichungszyklen sei dies nun kein Problem mehr. "Ich sehe derzeit keine Distributionsprobleme so wie sie andere Open Source-Projekte vielleicht haben."

Das Linux-Handy

"Verwenden Sie Linux auf ihrem Mobiltelefon?", so die Frage von Computerworld. Die Antwort des Linux-Gründers: "Ich habe nicht mal ein Handy. Ich hasse Telefone im Allgemeinen, weil ich ein Mensch bin der sich bei seiner Arbeit voll auf diese konzentrieren will, wenn jemand anruft, ist die Konzentration sofort weg. Ich verabscheue Telefone, weil sie dich nur stören, Handys sind da noch schlimmer, weil man sie ja dauernd mit sich herumschleppt. Ich habe ein Linux-Handy, das war ein Geschenk, aber es ist immer abgedreht. Ich verwende überall Linux, aber keine Telefone."

Das 100-Dollar-Laptop

Die Frage nach den ersten Kernel-Patches für das OLPC-Projekt, also das 100-Dollar-Laptop, beantwortet Torvalds mit: "Mich wundert, dass wir bisher noch keines gesehen haben. Ein großes Ding ist der Stromverbrauch, hier wird es Verbesserungen geben." Das Thema Virtualisierung wiederum sieht Torvals derzeit eher als großen Hype. Es gibt drei Bereiche der Virtualisierung aus Sicht des Linux-Gründers: "Zum ersten die Verwendung am Desktop, wo man Virtualisierung verwendet um ein anderes Betriebssystem laufen zu lassen. Hier verwendet man Programme wie VMWare um Windows auf einem Linux-Rechner zu verwenden. Für mich ist das total uninteressant, warum sollte ich Windows auf meinem Linux-Rechner laufen lassen?" Die beiden anderen Gründe für Virtualisierung sind die bessere Verwaltbarkeit großer Systeme ("Das ist fein für die IT-Menschen, weil sich Dinge besser managen lassen, vor allem bei großen Rechnern. Aber auch das mache ich nicht.") und die Möglichkeit nebeneinander auch verschiedene Versionen eines Betriebssystem installiert zu haben, um Programme besser austesten zu können ("Da ich keines dieser Dinge mache, beschäftigt ich mich nicht sehr mit Virtaulisierung. In Wahrheit interessiert es mich überhaupt nicht, aber natürlich unterstützen wir die Möglichkeiten.")

Linux am Desktop

Warum Linux auf dem Desktop vor allem im Bildungsbereich in weniger reichen Ländern zum Einsatz kommt, beantwortet Torvalds mit: "Eines der netten Dinge an Linux, und der Grund warum es im kommerziellen Bereich eingesetzt wird, ist die Flexibilität. Es ist nicht nur billig, es kann einem speziellen Anwendungsbereich auch bestens angepasst werden. In der Entwicklerwelt wiederum gibt es zwei Gründe. Einer ist offensichtlich der Preis, der immer ein großes Thema ist, auf der anderen Seite ist es aber auch sinnlos ein vorgefertigtes Produkt zu kaufen, wenn man nicht weiß wie es funktioniert und wie man es verändern kann."

Motivation

Ein Motivationsproblem hat Torvalds nicht: "Linux hat in den letzten fünfzehn Jahren viel erreicht. Meine Motivation kommt von außen, von den Problemen die andere Menschen sehen. Ich bin also motiviert durch die Anliegen anderer Menschen und manchmal denke ich "die Leute sind ja verrückt, das ist wahnsinnig", aber verrückte Menschen haben häufig auch interessante Probleme, die ich dann lösen kann."(red)