Alexander Hahnefeld (Manager HR Microsoft), Karin Skarek (Managing Director First Data)

Foto: Ingo Folie

Michael Kramer (Solutions Spezialist Microsoft), Marisa Sailer (Mitglied des Vorstands Vivatis)

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Moderatorin Gerlinde Hinterleitner, Chef-Redakteurin und Vorstandsmitglied von derStandard.at

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Sandra Velásquez, Klinische und Gesundheitspsychologin und Familiencoach

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"Sagen Sie bitte nicht, dass Sie schwanger sind", diesen Satz könnte man als Frau in einer Führungsposition durchaus zu hören kriegen, so Sandra Velásquez, Klinische und Gesundheitspsychologin und Familiencoach. In ihrem Impulsvortrag im Rahmen des STANDARD-Mentoring-Circle zählte sie gleich zu Beginn die positiven Effekte der Elternschaft für Arbeitgeber auf, so genannte Spill-over-Effekte: Kindererziehung sei eine gute Voraussetzung für Managementqualifikationen wie Motivationsfähigkeit, Multitasking, Empathie und Zeitmanagement.

Negativ könne für den Arbeitgeber sein, dass die Bedürfnisse der Kinder vor jenen der Firma gehen. Kinderlose Frauen seien meist bereit, länger zu arbeiten. Eine gute Basis zur Diskussion, die auch begeistert genutzt wurde: Gemeinsam mit Microsoft lud ACM (academic mentoring) diese Woche zur ersten Zusatzveranstaltung des STANDARD-Mentoring-Circle im neuen Jahr, mit derStandard.at/Karriere als Medienpartner.

Zum Thema "Erfolgreiche Balance zwischen Beruf und Familie: Wo beginnt und wo endet die Verantwortung des Unternehmens?" oder "Werte im Wandel: wie rasch oder wie langsam verändern sich tradierte Rollenbilder von Mutter, Vater, Familie in der Gesellschaft?" diskutierten Alexander Hahnefeld (Manager HR Microsoft), Michael Kramer (Solutions Spezialist Microsoft, Vater in Elternteilzeit), Marisa Sailer (Mitglied des Vorstands Vivatis) und Karin Skarek (Managing Director First Data) unter der Moderation von Gerlinde Hinterleitner, Chef-Redakteurin und Vorstandsmitglied von derStandard.at.

Nicht nur Lippenbekenntnisse

"Es gibt wenige Themen, die so emotionsgeladen sind", eröffnete Alexander Hahnefeld die Gesprächsrunde. Und obwohl das Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" in letzter Zeit intensiver diskutiert wurde, hat laut dem EU-Genderbericht die Zahl der weiblichen Führungskräfte von 2001 bis 2006 in Österreich um zwei Prozent abgenommen. Sind das alles nur Lippenbekenntnisse?, lautete die Frage an das Podium.

"Dass auch Microsoft noch nicht den Stein der Weisen gefunden hat, gibt Alexander Hahnefeld offen zu, "aber wir sind stark motiviert etwas zu verändern und die Diskussion weiter anzustoßen." Das Unternehmen biete aber eine Vielzahl an Programmen, die auf Frauen abzielen, weil in Österreich nun einmal noch immer die Sicht vorherrsche, dass Frauen für die Familie da sind. Der Vorteil für die Mütter: Sie können gut mit dem Unternehmen in Kontakt bleiben und müssen die Karenzzeit nicht zu lange werden lassen. "Natürlich ist es auch eine Frage des Wollens für Firmen, weibliche Führungskräfte auszubilden", so Hahnefeld.

Er selbst hat als Vater "die selben Probleme wie alle anderen": Zum Beispiel wer bringt die Kinder in den Kindergarten, "da muss man sich eben jeden Tag aufs Neue mit der Partnerin zusammenraufen". Wird das Kind aber krank, übernimmt dann doch eher die Frau die Betreuung, räumt er ein.

"Die Leistung zählt"

Ähnlich wie Hahnefeld sieht Karin Skarek von First Data die Situation: "Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen." Wir sind ein Unternehmen mit 200 Mitarbeitern in der Technikbranche, in dem Frauen unterrepräsentiert sind und es gibt auch keine speziellen Frauen-Förderungsprogramme." Skarek will aber prinzipiell mehr Frauen ansprechen.

Sie selbst hat wieder angefangen zu arbeiten, als ihr Kind knapp zwei Jahre alt war. "Ich habe in der ersten Zeit bis 14 Uhr gearbeitet, war dann für mein Kind da und habe erst am Abend wieder gearbeitet. Am Ende zählt die Leistung, nicht das Sessel warm halten", ist sie überzeugt. Auch für Marisa Sailer von Vivatis zählt die Leistung, nicht das "Wann": Als Alleinerzieherin in einer Führungsposition hat sie sich die Arbeitsumgebung gut organisiert, als ihr Kind noch kleiner war: "Mittwoch und Freitag gab es am Nachmittag Terminsperre, dafür habe ich aber viele Nachtschichten eingelegt."

Ausnahmefall: Vater in Karenz

"Man muss mit dem Unternehmen eine Lösung finden, die für beide passt", war Michael Kramer von Microsoft überzeugt, der – zumindest teilweise – weiß, wie es ist, als Mann in Karenz zu sein. Er arbeitet Teilzeit, um mehr bei seinen Kindern zu sein. Einer von wenigen, denn dass die Kindererziehung in Österreich noch immer eine weibliche Domäne ist, zeigt die Statistik: Nicht einmal vier Prozent der Männer gehen in Väterkarenz.

Das Positive für ihn: "Ich habe weiterhin Erfolg und Herausforderung im Job. Wenn ich am Abend nachhause komme und mein Kind mich anlächelt, sind alle Arbeitsprobleme plötzlich nicht mehr so wichtig." Doch die Kollegen leiden auch durchaus manchmal darunter, dass er nur 30 Stunden "da" ist, das wisse er. Doch für dieses Problem sei Kommunikation die halbe Miete: "Zum Beispiel Kinderfotos zu Weihnachten verschicken, damit sie sehen, warum ich nicht da bin."

Umgekehrtes Rollenspiel

Herausgefordert sahen sich die Diskutanten durch folgendes Gedankenspiel: Was würde passieren, wenn Kinderbetreuung plötzlich Männersache wäre? "Freiheiten, wie flexible Arbeitszeiten, würden besser genutzt werden", war Hahnefeld überzeugt. "Absolutes Chaos, in Familie und Unternehmen", ortete hingegen spontan Skarek. Sie vermutete auch, dass die Männer dann benachteiligt werden würden. Chaotische Zustände am Anfang sagte auch Sailer voraus, "allerdings würde es dem Arbeitsklima sehr gut tun, weil andere Themen in die Führungsmannschaft kämen", räumte sie ein.

Traditionelle Rollenzuweisung

Laut einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Familienforschung findet die Hälfte der Österreicher, dass berufstätige Mütter der Entwicklung des Kindes schaden. Es existiert also noch immer die Rollenzuweisung, dass Kinderbetreuung Frauensache ist. Wie soll man darauf reagieren, wurden die Diskutanten gefragt. "Wenn man sich abgewöhnt, ein schlechtes Gewissen zu haben, geht es leichter", fand Skarek. Man könne nicht immer ein schlechtes Gewissen haben, dem Kind gegenüber und dem Unternehmen gegenüber, weil man für beides nicht voll da sein kann. "Kinder geben Kraft, das sollten Unternehmen unbedingt einkalkulieren. Und Flexibilität kommt von den Mitarbeitern hundertfach zurück", betonte sie.

Hahnefeld sah Nachholbedarf in Gesellschaft, Infrastruktur und in den Unternehmen: Die Gesellschaft müsse endlich von der Ansicht abrücken, dass Frauen Rabenmütter sind, wenn sie nicht beim Kind zuhause bleiben bis es sechs Jahre alt ist. Zusätzliche müsse es qualitativ bessere Kinderbetreuungseinrichtungen geben. Und in den Unternehmen müsse nicht zuletzt überhaupt erst das Themenbewusstsein geschaffen werden.

In fünf Jahren

Dass sich in den nächsten fünf Jahren sowohl in den Unternehmen als auch in der Gesellschaft nicht allzu viel ändern wird, darüber waren sich die Diskutanten am Schluss einig. Sie alle formulierten lieber Wünsche an die Zukunft: "Es ist wichtig, dass sich der Anteil der weiblichen Führungskräfte erhöht und sich der gesellschaftliche Druck auf die Frauen verkleinert", wünschte sich Sailer. Kramer hätte gern, dass – egal ob Frau oder Mann – der Mensch gesehen wird und daher auch völlige Gleichbehandlung herrscht. "Man sollte sich in Zukunft nicht mehr genieren müssen – egal ob Mann oder Frau - wenn man schon um fünf nachhause geht, weil man Kinder hat", wünschte sich Skarek. Die Männer sprach hier Hahnefeld an: "Sie sollten deutlich mehr Mut haben, als Vorbild zu fungieren." (mat, derStandard.at, 29.1.2008)