Das Teno-Gebirge zwischen Buenaviste del Norte und Santiago del Teide gehört zu den abwechslungsreichsten Wanderrevieren um Los Silos.

Foto: Turismo de Canarias

Wer im Süden Teneriffas ankommt und beim Anblick der zubetonierten Hotellandschaft in Playa de las Americas nicht gleich wieder umdreht, kann nur eines im Sinn haben: Den schrofferen Norden mit seiner immer noch wilden Landschaft, mit Lorbeerwäldern, wolkenmelkenden Kiefern (die durch den häufigen Nebel ihren Wasserbedarf decken) und wunderbaren Wanderrouten, die einen bis auf den höchsten Berg Spaniens, den Teide, führen können.

So steigt man also, am besten ohne links und rechts zu schauen, in den Bus oder das Mietauto und flieht – leider oft im Stau – in Richtung Santa Cruz de Tenerife, wo man höllisch aufpassen muss, die richtige Abzweigung nach La Laguna und Puerto de la Cruz zu finden. Man kann freilich auch die Strecke an der anderen Seite am Teide vorbei über Los Gigantes wählen, prachtvoll, wunderschön, um einiges kürzer, aber derartig geschlängelt, dass der Zeitaufwand derselbe bleibt. Oder man fährt mitten durch den bizarren, mächtigen und urgewaltigen Teide-Nationalpark, um gleich einen Überblick über zukünftige Wandertouren zu kriegen.

Ist man zwischen Garachico und Buenavista del Norte in Los Silos gelandet, wartet dort ein Hotel, das eben seine Pforten geöffnet hat und Wanderern eine verständnisvolle, wohltuende, freundliche, allerdings nicht gerade billige Viersternebleibe bietet. Mit Grün rundum – bis auf einen hässlichen Plattenbau, der den 1960ern entsprang und hoffentlich irgendwann einmal abgetragen wird – liegt es in einem beschaulichen Dörfchen mit 4.500 Einwohnern, deren Fincas hinauf bis zu 1000 Meter Höhe den Hang des Monte del Agua sprenkeln.

In dieser Gegend Teneriffas, früher von Zuckerrohrplantagen überzogen, werden heute noch Bananen gezogen – eine äußerst unwirtschaftliche Angelegenheit, aber hier ist der Fremdenverkehr tatsächlich noch recht fremd. Das "Aktivhotel", wie es sich so schön nennt, das Luz del Mar, ist das erste Hotel in dieser Ortschaft. Nur seine vier Sterne haben den Bau überhaupt erst ermöglicht, für einfachere Pensionen wird keine Baubewilligung mehr erteilt.

Hübsch in den Hang hineingebaut ist es und wirkt fast wie ein eigenes kleines Dorf mit bunten, verschieden gestalteten Häuschen, mit je einem oberen und einem unteren Apartment. Die Einrichtung ist recht einfach, erinnert ein bisschen an "Soziales Wohnen" in den 1950ern, doch vielen wird das als "Postmoderne" gefallen. Die Vorgärtchen sind noch spärlich, aber sehr sorgfältig mit nur hier vorkommenden, möglichst seltenen Gewächsen bepflanzt, und der wirklich große, 30 Meter lange Süßwasserpool, der ständig auf 25 °C gehalten wird, ist ein muskelentspannender Genuss. Stiegen steigen muss man ausgiebig, aber das ist denn gleich eine gute Übung für das Rahmenprogramm.

Verantwortung im Eigenbau

Wikinger Reisen, ein deutsches Unternehmen, das vor allem Trekking-Reisen organisiert, hat mit diesem Haus im Dezember 2007 ein Hotel nach eigenen Vorstellungen für Gruppen- oder Einzelwanderungen realisiert. Beim Bau wurde großer Wert darauf gelegt, dass weder Wasser noch Energie verschwendet wird – Brauchwasser wird zum Bewässern verwendet, eine Solaranlage heizt den Pool. Und darauf, dass die Nachbarn, also der ganze Ort mit seinen Handwerkern und Materialien aus der Gegend einbezogen ist. Die Mitarbeiter, größtenteils Einheimische, wurden in Deutschkursen auf die Gäste vorbereitet.

Wer hier wohnt, findet jedenfalls schnell Gleichgesinnte, mit denen leichtere und schwierige Touren organisiert werden. So buchen auch viele Einzelreisende bei Wikinger, 60 Prozent davon sind übrigens Frauen. Überdies ist man nicht gezwungen, täglich zu marschieren, wie sonst üblich bei Trekkingurlauben, man kann sich auch in Sauna und Pool erholen und zwischendurch einfach einmal faul sein. Das sehen auch die vielen nicht mehr ganz jungen Gäste als wichtigen Pluspunkt.

Im Restaurant des Luz del Mar plaudert man dann abends über die gemeinsamen Wanderungen, leider nicht bei einheimischen Köstlichkeiten (die Speisekarte ist international), aber das kann sich ja noch ändern, wenn die Gäste danach verlangen. Wie hier noch einiges sich einspielen und abschleifen muss, doch der Chef des Hauses Adrian Dellwig ist sehr bemüht, dass endlich alles klappt; desgleichen der stets lächelnde Barman Bill mit englischem Humor und fließenden Deutschkenntnissen.

Grün ist es also hier rund um Los Silos, auch im Winter, grün und lau. Die Luft soll die sauberste von Teneriffa sein. Vielleicht macht sie auch besonders clever: Unter den Einwohnern sind überdurchschnittlich viele Akademiker zu finden. Offenbar lässt sie auch besonders alt werden, wie die offizielle Statistik Teneriffas dem Ort ausweist.

Einen kommunikativen Dorfplatz gibt es an diesem erfeulicherweise nicht zur Kulissenortschaft degradierten Platz jedenfalls noch, ein außen unscheinbares, innen prächtiges Rathaus und viele Gassen und Winkel mit kleinen Greißlerläden. Und ebenso interessante Ziele für Ausflüge in der Umgebung: Puerto de la Cruz mit seinem berühmten Botanischen Garten zum Beispiel, der früher "Durchgangsstation" für seltene Pflanzen aus Übersee war, die dann den Kaisern und Königen in ganz Europa in die Gärten gepflanzt wurden; oder den Tierpark Loro Parque mit seinen mehr als 2000 Papageien.

In den steilen Gassen der Stadt selbst findet man noch altes Handwerk, und wenn man dann wieder die Hänge bergauf fährt, kommt man in ein beachtliches Weinbaugebiet. Ja, sogar eine kleine "Weinstraße" gibt es hier, mit Weinkellern und Bodegas: Monje zum Beispiel, wo die Weinbauernfamilie seit 100 Jahren erntet, keltert und bewirtet und erst jetzt vorhat, einen Weingartenweg anzulegen, denn wenn hier überhaupt Touristen herkommen, sind es sicher Wanderer. (Elisabeth Hewson/DER STANDARD/Printausgabe/26./27.1.2008)