Jeanne Moreau bei der Arbeit: 1968 in und als François Truffauts "Die Braut trug Schwarz".

Foto: Arte/ MGM
Der Sonntagabend gehört einer französischen Schauspiellegende: Gleich auf drei Kanälen wird Jeanne Moreau gewürdigt - abgesehen von einem späten Auftritt in François Ozons "Die Zeit, die bleibt" stehen dabei die dunkleren Figuren ihrer Filmkarriere im Mittelpunkt.

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Julie Kohler hat eine Mission: Die Frau, deren Bräutigam auf den Stufen der Kirche tot zusammengebrochen ist, ist den dafür verantwortlichen Männern auf den Fersen. In schönster Film-noir-Tradition, in Verehrung von Alfred Hitchcock und dem B- und C-Genre der Kriminalliteratur hatten François Truffaut und Jean-Louis Richard nach einem Roman mit dem Titel Die Braut trug Schwarz ein Drehbuch geschrieben. Und für ihre Hauptfigur eine Schauspielerin besetzt, die sich zu diesem Zeitpunkt in vergleichbaren nachtseitigen Settings bereits bestens bewährt hatte.

Jeanne Moreau, am 23. Januar 1928 geboren, war bereits eine geachtete Bühnendarstellerin, Mitglied der Comédie Française und seit gut zehn Jahren auch vor der Kamera tätig, als ihr mit Louis Malles Fahrstuhl zum Schafott 1957 der Leinwanddurchbruch gelang. Anders als erwartet - denn die Rolle einer kaltblütigen Frau in Malles hart fotografiertem Film noir gehörte nicht unbedingt zu jenem Spektrum, das für eine seriöse aufstrebende Leading Lady im Frankreich der 50er-Jahre opportun gewesen wäre.

Auf- und Umbruch

Da sich zu jener Zeit allerdings auch das Kino im Auf- und Umbruch befand und Filmemacher daran gingen, neue Geschichten und Erzählformen zu erfinden, entwickelte sich Moreau in den darauffolgenden Dekaden zu einer der gefragtesten Mitspielerinnen der europäischen Neuen Wellen: Sie arbeitete weiter mit Louis Malle, wirkte an mehreren Filmen von François Truffaut mit, drehte mit Michelangelo Antonioni, Orson Welles, Jacques Demy, Luis Buñuel, Tony Richardson und Joseph Losey genauso wie mit Marguerite Duras oder Rainer Werner Fassbinder.

Die Frau mit dem markanten Gesicht und der einprägsam dunklen Stimme war somit - nicht zuletzt auch als Autorin und Regisseurin dreier eigener Filme - aktiver Teil eines Kinos, dessen Dringlichkeit, Anspruch, Entdecker- und Freiheitsdrang Jeanne Moreau heute noch hochhält. Während sie vergleichbare künstlerische Anstrengungen gegenwärtig durchaus bedroht sieht, durch "filmische Zerstreuungsware", ein Kino, das einlullt, und ein Klima, in dem nicht zuletzt die Politik einen verwerflichen Umgang mit der Sprache pflegt.

Keine "Technik"

Sie selbst, sagt Moreau, habe keine "Technik" - "Ich habe vielleicht Gewohnheiten, aber auch die verändere ich gerne jedes Mal, entsprechend dem jeweiligen Regisseur. Filmemacher sind alle verschieden. Man kann sich nicht darauf vorbereiten, muss vielmehr disponibel sein, gänzlich in der Sache drin - das ist alles."

Diese und andere Aussagen kann man derzeit in der französischen Filmzeitschrift Cahiers du Cinéma nachlesen, die der französischen Schauspielerin zum 80. Geburtstag die Ehre erweist. Um ihre Arbeit zu würdigen, dafür genügt am Sonntag auch die Inbetriebnahme des TV-Geräts.

Arte-Themenabend am Sonntag, 27. 1., ab 20.40 mit "Tagebuch einer Kammerzofe" von Luis Buñuel und der aktuellen Dokumentation "Jeanne Moreau - Im Film und ganz privat" von Josée Dayan und Pierre-André Boutang (auch ORF 2 um 23.00); die ARD zeigt ab 0.00 François Ozons "Die Zeit, die bleibt" und "Mr. Klein" von Joseph Losey; ORF 2 hält ab 0.35 mit Michelangelo Antonionis "La notte" dagegen; Arte beschließt die Würdigungen am Montag um 21.00 mit "Die Braut trug Schwarz". (Isabella Reicher, DER STANDARD; Printausgabe, 26./27.1.2008)