Ärzte warnen vor Humanen Papillomviren und riefen zur Impfung auf. 50 Prozent aller Frauen sind infiziert, die Krankheit bricht aber nur bei den wenigsten aus. Auch ein regelmäßiger PAP-Abstrich beim Gynäkologen schützt.

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Anlass genug, sich mit der Natur des Virus, seiner Gefährlichkeit und den staatlichen Maßnahmen zu dessen Bekämpfung auseinanderzusetzen. Stimmen nach besseren Vorsorgekonzepten werden laut. Studien überwiegend positiv

Bislang waren die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien zu den beiden Impfstoffen gegen Humane Papillomviren (Gardasil, Cervarix) überwiegend positiv. Bei den teilnehmenden Frauen fanden sich signifikante Reduktionen bei Zellwucherungen und sonstigen Veränderungen des Gebärmutterhalses (Zervix).

Beobachtung über wenige Jahre: Wirkdauer unbekannt

Mit den Impfstoffen wird das Immunsystem mit den unschädlichen Hüllen der beiden wichtigsten krebsauslösenden Virentypen 16 und 18 konfrontiert, sodass es dagegen Antikörper bildet und bei einer späteren Infektion gewappnet ist. Das, zeigen die Studien, gelingt auch. Doch beschränkt sich der Beobachtungszeitraum bislang auf wenige Jahre. Wie lange der Effekt anhält, ist unbekannt.

Hohe Kosten

Die Kosten sind mit rund 500 Euro jedoch enorm. In Deutschland wird die Impfung für zwölf- bis 17-jährige Mädchen von den Krankenkassen übernommen. Damit wurde Gardasil zum Megaseller mit einem Monatsumsatz von mehr als 30 Millionen Euro. Hierzulande läuft die Diskussion über eine Kostenübernahme noch.

Verringerung der Todesfälle

2006, im letzten aktuellen Berichtsjahr der Statistik Austria, wurden in Österreich 169 Todesfälle mit der Diagnose Gebärmutterhalskrebs gezählt. Kein einziger davon im Alter unter 30 Jahren. Zwei Drittel der Betroffenen waren älter als 60 Jahre. Allein diese Daten zeigen, dass die Wirksamkeit der HPV-Impfung schon sehr lange anhalten muss, um Auswirkungen auf die Verringerung der Sterbefälle zu zeigen.

Verringerung der Operationen

"Es geht bei der Impfung auch nicht nur um die Todesfälle, sondern um die Verringerung der tausenden von operativen Eingriffen, die bei den Frauen im Zuge eines abnormalen Zervix-Abstriches notwendig sind", erklärt dazu Wolfgang Maurer, Impfexperte am Wiener AKH.

Vielfältiges Virus Etwa fünfzig der mehr als hundert bekannten HP-Virentypen haben sich auf diese Körperregion spezialisiert. Die Viren werden großteils sexuell übertragen. Sie sind meist unauffällig und verursachen keine Beschwerden. Zu jedem Zeitpunkt sind zwischen 20 und 50 Prozent der Frauen damit infiziert, am häufigsten in der Altersgruppe zwischen 20 und 24 Jahren. Die meisten Infektionen verschwinden von selbst wieder. Manche aber auch nicht. Und hier liegt das Problem.

An Rezeptoren angepasst

HP-Viren haben sich evolutionär an die Rezeptoren der Schleimhautzellen angepasst und nützen diese Eintrittspforte, um im Zellkern ihr Erbgut einzuschmuggeln. Damit sich die Viren auch vermehren können, regen sie die Zellen zum Wachstum an. Gerät dieser Prozess außer Kontrolle, können je nach Virentyp Genitalwarzen, im extrem aber auch Karzinome entstehen. Meist dauert das viele Jahre.

80-99 Prozent mit HP-Viren

Je nach Untersuchung finden sich bei 80 bis 99 Prozent der Frauen mit Zervixkarzinom auch HP-Viren. Zu 70 Prozent handelt es sich dabei um die Typen, vor denen die Impfung schützt.

Kritiker der Impfung, wie der Korneuburger Gynäkologe Peter Safar, fürchten nun, dass geimpfte Mädchen und Frauen die Termine zum Gebärmutter-Abstrich (PAP-Screening) schwänzen könnten. Insgesamt galt das PAP-Screening als Vorzeigemodell sinnvoller Vorsorge.

Beste Vorsorge: PAP-Abstrich

Seit der Einführung des Gebärmutterabstriches in den Siebzigerjahren ist diese Krebsart um zwei Drittel seltener geworden. Doch optimal ist das Programm deshalb noch keineswegs. Vor allem nicht im europäischen Vergleich. Obwohl sich ein Drittel aller Frauen regelmäßig zum Gynäkologen begibt, um den empfohlenen Abstrich vornehmen zu lassen, liegt die Sterberate beim Zervixkarzinom deutlich höher als beispielsweise in Finnland, Schweden oder Großbritannien.

Risikogruppen

"Und das, obwohl dort ein Abstrich nur alle drei bis fünf Jahre empfohlen wird." In Österreich, so Safars Argument, lassen sich meist gesundheitsbewusste Frauen untersuchen, die ohnehin ein geringes Risiko haben - diese dafür jährlich. "Wichtigste Risikofaktoren für eine chronische Infektion", so Safar, "sind aber häufig wechselnde Sexualpartner, niedriges soziales Milieu und Rauchen. Diese Hochrisikogruppe wird bei uns gar nicht erfasst."

Wildes Screening

In Finnland werden hingegen alle Frauen zum Screening schriftlich eingeladen. Daneben wurde in die Ausbildung der Ärzte und Laborfachkräfte zur besseren Erhebung und Interpretation der Befunde investiert. Nur wenn der Abstrich richtig gemacht wurde, kann er im Labor nämlich einen aussagekräftigen Befund ergeben.

Seit dieser Bildungsoffensive, verbunden mit ständiger Qualitätskontrolle, sank die Krebsrate stark und liegt nun um 30 bis 40 Prozent unter den Werten Österreichs, wo nach wie vor das "wilde Screening" vorherrscht. "Jene, die ohnehin nur ein geringes Risiko haben, werden überuntersucht, jene mit hohem Risiko gar nicht."

Impfung sei "unkontrollierte" Maßnahme

Die Impfung sei nun eine weitere unkontrollierte Maßnahme. "Und aufgrund der Kosten nehmen das ebenfalls wieder nur jene wahr, die kaum ein Risiko haben", kritisiert Safar und fordert, dass Maßnahmen endlich geplant und nicht dem Zufall überlassen werden. (Bert Ehgartner, MEDSTANDARD, 21.01.2008)