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Der Outlaw und einer seiner härteren Widersacher: Russell Crowe und Peter Fonda in James Mangolds "Todezug nach Yuma".

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Wien – Ein Farmer, der um seinen Besitz und seine Familie bangen muss; ein Banker, der vornehmlich die Ausweitung und Sicherung seiner Geschäfte im Sinn hat; und schließlich ein Gesetzloser, der sich um nichts schert außer um die Befriedigung seiner Bedürfnisse. Die drei Protagonisten des Westerns 3:10 to Yuma/ Todeszug nach Yuma verkörpern, auf geradezu exemplarische Weise, ebenso viele Strategien, mit dem Land und einer sich verändernden Gesellschaft umzugehen. Aus der Überlagerung ihrer Interessen, den Defiziten und Engpässen, die sich daraus ergeben, bezieht der Film seine Spannung. Es geht hier um keine Auseinandersetzung mit Legenden mehr – wie etwa zuletzt in dem museal wirkenden The Assassination of Jesse James ... –, sondern um einen Ringkampf der Ideen. Wer behält am Ende Recht?

Ben Wade, der Outlaw, wird von Russell Crowe als Bösewicht mit unwiderstehlichem Charisma gespielt. Aus seiner Amoral schöpft er Lebenslust, die vor allem auf Frauen Eindruck macht. Dass er auch gefährlich sein kann, zeigt er in blitzartigen Manövern. Farmer Dan Evans – Christian Bale mit Holzbein – muss neben ihm ein wenig zu brav und rechtschaffen wirken. Er steckt bis zum Hals in Schulden und droht deshalb sein Grundstück zu verlieren.

3:10 to Yuma, der Filmtitel gibt ein genaues Ziel an. Wade gerät in Gefangenschaft, weil er sich zu lange bei einer Bardame ausruht, er soll nun von Evans, einem Kopfgeldjäger (Peter Fonda), und dem Bankier (Dallas Roberts) in den nächsten Ort überführt werden und in den Zug gesetzt werden: Der Ort heißt Contention, was passenderweise Wettstreit bedeutet. Es gibt etliche Unwägbarkeiten auf der Strecke: Wades Bande, die ihn befreien will, Indianerland, das zu durchqueren ist, und nicht zuletzt den Gefangenen selbst, der ständig Verhandlungen über seine Freilassung zu führen versucht.

Korruption nimmt zu

3:10 to Yuma basiert auf einer Vorlage von Elmore Leonard und wurde 1957 von Delmer Daves mit Glenn Ford und Van Heflin schon einmal verfilmt. James Mangolds Remake setzt nunmehr interessante Akzente: Wenn der Farmer bei Daves zunächst aus Geldsorgen mitmacht, am Ende aber fast schon seine Auffassung einer gerechten Gesellschaft verteidigt, dann ist bei Mangold keine Idee mehr ganz frei von Korruption. Die moralischen Grenzen zwischen den Protagonisten werden biegsam, und die Frage, wer im Namen von welchem Recht sprechen kann, ist nicht mehr so klar beantwortbar.

Wie um diese Entwicklung zu unterstreichen, nimmt die Passage nach Contention weit mehr Raum als im Original ein. Unterwegs kommt die Truppe zum Beispiel an einer Baustelle vorbei, wo die Schienen der Eisenbahn von chinesischen Gastarbeitern verlegt werden. Eine Szene, die nicht nur anzeigt, wie sich ein Land verändert, sondern auch, unter welcher Oberhand das geschieht. Der Outlaw Wade ist in dieser Ordnung vor allem eine Bedrohung für die weitere Einnahme des Kontinents.

Mangold, der zuletzt mit dem lahmen Johnny-Cash-Biopic Walk the Line enttäuschte, inszeniert 3:10 to Yuma stilistisch näher am Italo-Western als an der amerikanischen Variante, also lauter, greller, körperlicher. Die Schauspieler treten stärker in den Vordergrund – Crowe lotet die Schrullen seiner Figur mit sichtbarem Vergnügen aus –, die Krisen der Figuren werden akut. Die graduelle Annäherung zwischen Wade und seinem Begleiter (in der Erstverfilmung nicht viel mehr als ein Tauschgeschäft) wird hier zur wuchtig gesetzten Geste – und eindeutige Moral bleibt auf der Strecke. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe, 19./20.01.2008)