Die letzte Fahrt

"Enterprise des Pompes Funébres" hieß Wiens erstes privates Bestattungsunternehmen 1867. Die neue Bürgerschicht, die sich um 1850 etabliert hatte, hatte eine Vision: ihr letzter Abgang sollte groß inszeniert werden.

Foto: derStandard.at/Gedlicka

Der Tod hat viele Farben

Die Farbe der Sargtücher erzählte über dessen Inhalt: schwarz für normalsterbliche Gläubige, blitzblau für Kinder und Jugendliche. Rot war die Farbe der Sonderklasse und für Aristokraten vorbehalten. Der Sarg Unverheirateter wurde von weißen Pferden gezogen.

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king for a day, fool for a lifetime

Beliebter Beerdigungskitsch anno dazumal: Kupferkronen und Sargverzierungen aus Karton und Metallfolie.

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Ehre, wem Ehre gebührt

Hinter dem Sarg marschierten die Ordensträger auf: pro Polster ein Orden. Dahinter Vertreter der Kirche, der Gesellschaft und die Angehörigen. Die Trauerzüge legten auf ihrem Weg zum Wiener Zentralfriedhof stundenlang die Simmeringer Hauptstraße lahm.

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Zimmer mit Aussicht

Derartige Begräbnisse waren gesellschaftliche Großereignisse. Bewohner von Wohnungen, die an der Strecke zum Friedhof lagen, vermieten Fensterplätze. Die Preise waren haarsträubend. Laut Wittigo Keller, Kulturanthropologe und Kurator des Bestattungsmuseums Wien, kostete ein solcher Logenplatz, je nach Aussicht zwischen 500 und 1.000 Kronen. Im Vergleich der Kaufkraft entsprach der Wert einer Krone (1910) etwa drei Euro. Das Vermieten von Fensterplätze bei Beerdigungen ist auch heute noch Praxis: Als 1989 die ehemalige Kaiserin Zita Maria delle Grazie von Bourbon-Parma in der Kapuzinerkruft beigesetzt wurde, waren nicht nur sämtliche Fenster am Graben, sondern auch die Körbe von Kränen vermietet.

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Lebendig begraben

Eine Urangst der Menschen: aufzuwachen und festzustellen, dass man bereits unter der Erde liegt. Um 1830 wurden deshalb Vorsichtsmaßnahmen eingeführt: am Währinger Ortsfriedhof etwa, lagen die Toten 48 Stunden im offenen Sarg. Der Raum wurde sicherheitshalber beheizt, um dem etwaigen Scheintoten eine Verkühlung zu ersparen. Zusätzlich wurde der so genannte "Rettungswecker" eingeführt: eine Schnur, die den Finger des mutmaßlichen Toten mit einem Wecker verband. Bewegte sich der Tote, schrillte der Wecker im Zimmer des Friedhofswärter. Und das war keine Seltenheit, denn die Gase, die durch den Verwesungsprozess einsetzen, führten oft dazu, dass sich die Leichen bewegten.

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Herzstich

Wer ganz auf Nummer sicher gehen wollte, orderte einen Herzstich: nach dem attestierten Tod von zwei Medizinern mittels doppelschneidigem Stillet vollführt. Berühmte Herzstichkonsumenten: Arthur Schnitzler, Johann Nepomuk Nestroy und Ignaz Bösendorfer. Theoretisch ist der Herzstich in Wien immer noch durchführbar, da das betreffende Gesetz bisher nicht geändert worden ist.

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Mit der Bim zum Friedhof

Zwischen 1918 und 1928 gab es ein besonderes Service: die Leichen-Tramway. Sie brachte bis zu zwölf Tote direkt vors Tor des Zentralfriedhofs.

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Der Leichenzug als Kinderspielzeug

Im Biedermeier ein beliebtes Spielzeug für die Kleinen: der Leichenzug auf Mandelbögen aufgedruckt zum Ausschneiden.

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...und der Sarg als Kleiderkasten

Weil das Anfertigen eines Sarges mitunter lange dauerte, ließ man ihn im 19. Jahrhundert vor allem in der Provinz schon zu Lebzeiten zimmern. Damit er sich besser in die Bauerstuben fügte, wurde er mit Bemalungen verziert und zum Kasten umfunktioniert.

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Einer für Alle

1784 per Dekret eingeführt, 1785 wieder zurückgenommen: der Fallsarg, im Volksmund auch Gemeindesarg genannt. Um Platz zu sparen wurden die Leichen in ein Leintuch genäht und per Falltür unter die Erde gebracht. In den Schachtgräbern lagen bis zu sechs Tote.

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Dead man watching

Ab 1854 bot der Wiener Fotograf Heinrich Laruelle einen besonderen Dienst an: Er fotografierte Leichen angekleidet in alltäglichen Posen im Atelier. Der Fiaker kutschierte sie direkt vor die Haustür des Studios.

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Memento mori

Ein Tischsärglein um die Toten nicht zu vergessen. Gefertigt von Krippenschnitzern.

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Don't paint it black

Im oberösterreichischen Hallstadt wurden bis vor zwei Jahren die Schädeln der Toten bemalt.

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Heaven shall burn

Während in Japan auf Grund von Platzmangel 98 Prozent mittels Feuerbestattung ihre letzte Ruhe finden, hat sie sich in Wien noch nicht durchsetzen können: hier lassen sich nur etwa 20 Prozent vebrennen. Wittigo Keller glaubt dass der Grund dafür der sei, dass das "Motiv der Erinnerung verloren geht", wenn der geliebte Mensch vebrannt in einer kleinen Urne aufbewahrt wird.

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Diamonds of your best friend

Neuester Trend in Sachen Bestattung: den Toten zu einem Diamanten transformieren zu lassen um sich mit ihm zu schmücken. Ein Service, der auch von der Bestattung Wien angeboten wird. Ein Ein-Karäter kostet 13.400 Euro. (bock/glicka, derStandard.at, 24. Jänner 2008)

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Bestattungsmuseum Wien der Bestattung Wien
Goldeggasse 19
1041 Wien
Tel. (01) 501 95 / 0
www.bestattungwien.at

Literatur-Tipp
"exitus. Tod alltäglich"
(Katalog zur Ausstellung im Künstlerhaus Wien, 20.10.2007-6.1.2008)
Hrsg. von Wittigo Keller, Peter Bogner und Künstlerhaus Wien.
Verlag Der Apfel, Wien, 2007 Die Besichtigung ist – jedoch nur im Rahmen einer Führung – werktags zwischen 12 und 15 Uhr möglich. Eine telefonische Voranmeldung ist erforderlich.

Eintrittspreise (inkl. Führung):
EUR 4,50 (Erwachsene)
EUR 2,50 (ermäßigter Eintritt) für Schüler, Lehrlinge, Studenten, Senioren, behinderte Personen, Präsenzdiener, Zivildiener und Gruppen ab 10 Personen)
EUR 1,50 (für Schulgruppen im Klassenverband)
freier Eintritt für Kinder bis 10 Jahre

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