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Alessio Boni als Prinz Andrej in "Krieg und Frieden".

Foto: dpa

Mit "Krieg und Frieden" von Robert Dornhelm ist dem europäischen Fernsehen unter Beteiligung des ORF eine exemplarische Literaturverfilmung gelungen: ein gescheites Drehbuch, ein exzellenter Regisseur, hervorragende Schauspieler. Eine hochkomplexe Geschichte wird schlüssig und spannend erzählt, ein fernes Milieu wird erfahrbar, eine Welt von gestern detailverliebt rekonstruiert. So wird Geschichte und Literatur in einem vermittelt. Kein Experiment für Cineasten, sondern ästhetisch anspruchsvolles Fernsehen für Publikum – daher ein öffentlich-rechtliches Hauptabendprogramm im besten Sinne.

So sehen das auch die großen liberalen Blätter in Deutschland: "Süddeutsche", "Der Spiegel", "Die Zeit", "FAZ", deren ausführliche Rezensionen von positiv bis begeistert reichen. Ein "Fernsehwunder", heißt es im "Spiegel"; damit habe das öffentlich-rechtliche System "Wiedergutmachung" geleistet, schreibt die "Süddeutsche".

Der STANDARD sieht das in zwei Rezensionen wesentlich anders. Für die erste wurde als Gast der Zeichner und Karikaturist Rudi Klein eingeladen, bei dem man sich darauf verlassen konnte, dass ihm eine opulente Literaturverfilmung dieser Art nicht gefallen würde. Hat ihm auch nicht gefallen. Das Fernsehen möge "einmal etwas wagen", meint Klein. "Wenn man dann auf die Schnauze fällt, macht das ja nichts – aber wenn man gar nicht erst anfängt ..." – Rudi Klein hat völlig recht: öffentlich-rechtliches Fernsehen muss mehr riskieren – und darf dabei auch einmal auf die Schnauze fallen. Allerdings nicht bei einem 26-Millionen-Euro-Budget. Herr Klein muss das nicht wissen, vom STANDARD hingegen sollte man so viel Medienverständnis schon erwarten können.

Die zweite STANDARD-Rezension erschien unter dem Titel: "Tolstoi aus der Nebelmaschine". Nur ein Satz daraus, um den Tonfall der Kritik zu charakterisieren: "Man betrachtet durch gusseiserne Schnörkel die unvermeidlichen Wagen, die vor hastig gestrichenen Klassizismus-Palais vorfahren, um wieder ein paar bezopfte Intriganten auszuspeien." Hastig gestrichene Palais? Woher weiß der Rezensent das? Und warum dieser verächtliche Ton insgesamt?

Falls sich der STANDARD entschlossen hat, den ORF in jedem Falle hinunterzuschreiben, dann sollte er wenigstens die richtigen Beispiele dafür wählen und nicht solche, in denen der ORF seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag in hervorragender Weise erfüllt. (Peter Huemer/DER STANDARD; Printausgabe, 16.1.2008)