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Die vom steirischen Gesundheitsreferat in Auftrag gegebene Studie liegt seit Wochen in der Sanitätsdirektion des Landes

Foto: APA/Frank Rumpenhorst
Dem Standard liegen Teile einer Studie der Med-Uni Wien vor, die Zusammenhänge zwischen Herz- und Atemwegserkrankungen und Feinstaub aufzeigen. Die Expertise für Graz liegt seit Wochen in der Schublade der Sanitätsdirektion des Landes Steiermark - Von Colette M. Schmidt

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Graz/Linz/Wien - Geht es um Maßnahmen gegen Feinstaub, wird in Graz, der "Feinstaub-Hauptstadt" Österreichs, immer wieder auf das Fehlen wissenschaftlicher Daten hingewiesen. Zu wenig wüsste man über konkrete Auswirkungen und die Hauptverursacher von PM10 und den noch kleineren PM2,5-Partikeln.

Erschreckende Zahlen

Nun liegt seit einigen Wochen eine vom steirischen Gesundheitsreferat in Auftrag gegebene Studie in der Sanitätsdirektion des Landes. In der Expertise, die dem Standard teilweise vorliegt, finden sich erschreckende Zahlen über Erkrankungen und Mortalitätsraten in der Bevölkerung, die direkt mit Feinstaub zusammenhängen. Auch der hohe Anteil des Kfz-Verkehrs an der Feinstaubbelastung wird evident - und dass die geltenden Grenzwerte in der EU viel zu hoch seien.

Keine Freigabe der Erkenntnisse

Doch noch wartet der Autor der Studie, Manfred Neuberger vom Institut für Hygiene der Med-Uni Wien, der auch Daten zu Wien und Linz sammelte, auf die Freigabe seiner Erkenntnisse.

Neuberger und sein Team konnten nachweisen, dass es in Wien und Graz schon pro zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m3) zu einem Anstieg von Todesfällen um etwa 1,5 Prozent kommt. Diese Wirkung ist nach sieben Tagen sogar stärker als am ersten Tag - und zwar schon unter dem Grenzwert von 50 µg/m3. Neuberger: "Aus Sicht der Medizin müsste man die Grenzwerte für PM10 deutlich senken, anstatt einen Kniefall vor der Autolobby zu machen."

Messstellen umzurüsten wäre kein Problem

Für Graz, wo der Grenzwert 2006 an 120 Tagen überschritten wurde (oft sogar um das Dreifache), hieße das, dass es jedes Jahr dutzende vorzeitige Sterbefälle aufgrund von Feinstaub gibt. Dabei wird in Graz ausschließlich PM10 und nicht - wie in Wien - auch der noch feinere PM2,5-Staub gesondert gemessen. Dieser Wert wird in Graz im gröberen PM10-Staub mitgemessen. Die Messstellen in Graz teilweise umzurüsten wäre kein Problem - die Werte wären dann noch alarmierender.

Menschen über 65 besonders betroffen

Besonders betroffen sind laut Neuberger Kinder und Menschen über 65. Dies belegen auch Aufnahmen in Krankenhäusern an Feinstaubtagen. Dass vor allem der Kfz-Verkehr und dabei besonders Dieselfahrzeuge Hauptverursacher sind, steht für Neuberger fest: "Mit den kleinen Rußpartikeln kann der menschliche Organismus nicht fertig werden. Sie gehen direkt ins Blut, ins Herz und in die Leber und beeinflussen auch das Gerinnungssystem."

Auf Anfrage des Standard, ob Gesundheitslandesrat Helmut Hirt (SP) an eine Präsentation der Studie denke, meint ein Sprecher Hirts kurz: "Nein, ist nicht geplant." Zudem sei ja bereits auf die Existenz der Studie hingewiesen worden.

Auch Grüne zögern

Eine Vorgehensweise, die Peter Hagenauer von den steirischen Grünen nicht überrascht - hat seine Partei doch im Landtag mehrmals Anträge eingebracht, wonach Studien verpflichtend publiziert werden müssten. SPÖ und ÖVP stimmten dagegen. Doch auch Hagenauers Parteikollege, der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober, hat offenbar ein enden wollendes Interesse an neuen Daten zum Feinstaub. Neuberger erzählt, er habe zu Linz "noch genauere Daten". Aber der Umweltlandesrat zögere noch mit einer Beauftragung, so Neuberger. Anschober war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. (cms, cs/ DER STANDARED Printausgabe 6.1.2008)