Cashmere-Shawl statt Dekolleté: Für 50.700 Euro wechselte diese Daffinger-Miniatur den Besitzer.

Foto: Christie's

London – Sie zählten zum wichtigsten Accessoire auf dem Heiratsmarkt des europäischen Hochadels: Porträtminiaturen, auf Elfenbein, Schwanenhaut oder Papier, meist in Aquarelltechnik ausgeführt. Als Typus begleiten sie die Kunstgeschichte seit dem 11. Jahrhundert und waren auch im byzantinischen, arabischen, persischen und syrischen Raum gebräuchlich.

Zur Hochblüte gelangten sie mit dem Barock und dem Biedermeier. An den dynastische Beziehungen stärkenden Heiratsvereinbarungen gab es meist ohnedies nichts zu rütteln, immerhin konnten sich die Betroffenen ein Bild von ihren künftigen Ehepartnern machen. In Lederetuis traten sie dann ihren Weg durch Europa an. Gleichzeitig hatten solche Miniaturen Souvenirfunktion oder lieferten Aktualität. Schon Kaiserin Maria Theresia ließ sich von ihren fernab der Residenzstadt im Ausland lebenden Kindern regelmäßig Portraits der wachsenden Schar an Enkeln schicken und "tapezierte" damit die Wände ihres Witwenappartements. "Die Kosten für eine Miniatur waren in ihrer Entstehungszeit mit dem Jahresgehalt eines Hofrates vergleichbar", erklärt Erich Tromayr. Mit der Erfindung der Fotografie starb die Gattung der Portraitminiaturen aus. Zu den besten Europas gehörten die Wiener Spezialisten: "Wer es sich leisten konnte, beauftragte Moritz Michael Daffinger, Josef Kriehuber oder Emanuel Peter", beschreibt der Wiener Kunsthändler den Porträtfanatismus des 19.Jahrhunderts. Auch abseits lyrischer Bildnisse junger Damen verstand seine Qualität sogar die Welt der Diplomatie und des Militärs zu begeistern.

So malte Daffinger während der Französischen Revolution die Offiziere der Napoleonischen Armee. Besonders zu schätzen wusste ihn Fürst Metternich, für den er mehr als 200 Verwandte, Freunde und Bekannte auf Aquarellbildnissen verewigte. Daffinger werden mehr als tausend Porträts zugeschrieben, mehrheitlich Auftragsarbeiten, die niemals öffentlich ausgestellt wurden.

In Museen finden sich heute hauptsächlich Beispiele von im Auftrag des österreichischen Kaiserhauses ausgeführten Porträts. Jene für den deutschen und österreichischen Hochadel blieben in Familienbesitz. "Manche kamen später über Teilung der Erbschaft auf den Markt", so Tromayr. Im November gelangten über Christie's in London einige Beispiele zur Versteigerung. Im Rahmen der Auktion "Important Portrait Miniatures and Gold Boxes" fanden sich allein elf Arbeiten Daffingers, die gerade im Vergleich mit Exemplaren russischer und französischer Porträtisten von herausragender Qualität zeugten.

Der Markt wusste dies nur selektiv zu schätzen. Einzig das Titellos des Kataloges – "Prinzessin Melanie Metternich, geborene Zichy Ferraris" – gefiel einem russischen Sammler über der angesetzten Taxe und wechselte für 50.700 Euro den Besitzer. Die erste Runde auf dem Auktionsparkett drehte die dritte Ehefrau des Staatskanzlers im Mai 2000 bei Hassfurther (37.400 Euro). Sein Bildnis Prinzessin Karoline Arenbergs – 2005 erzielte es bei Christie's knapp 15.000 Euro – wechselte für 13.000 Euro den Besitzer. Generell gehören Porträts zu deutlich schwieriger vermittelbarem Handelsgut. "Miniaturen sprechen einen noch kleineren Sammlerkreis an", erklärt Tromayr, "in Österreich gibt es fünf Sammlungen, davon zwei umfangreichere". (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.1.2008)