Südpol mit Eisbär: Wiener Porzellanmanufaktur mit Captain Cooks Schiffen im antarktischen Eismeer.

Foto: Liechtenstein
Wien - Privat ist eben privat. Nicht immer halten von Sammlern zusammengetragene Kollektionen den Qualitätsansprüchen von Museumskuratoren und Kunsthistorikern stand. Und nicht immer hat die Öffentlichkeit eine Chance auf temporäre Bewunderung. Im Liechtenstein Museum hat man den Einblick in private Sammelleidenschaft zum Konzept erkoren und zeigt aktuell (bis 11. Februar 2008) zwei Sonderausstellungen:

Die Sammlung Borromeo, sie zeigt Malerei und Skulptur in der Nachfolge Leonardo da Vincis, hat ihre Wurzeln im 14. Jahrhundert.

Die Geschichte der Sammlung Cohen beginnt dagegen "erst" vor 14 Jahren mit dem Kauf von exakt vier Tellern und hat sich bis heute zu einer stattlichen Dokumentation mit beispielhaften Exponaten der wichtigsten europäischen Porzellanmanufakturen entwickelt. Beide Präsentationen haben hier, nach Mailand und Berlin, ihre zweite Station und wurden mit Exponaten aus der Sammlung des Fürsten Liechtenstein angereichert, akzentuiert um Bestände aus hiesigen Museen.

Die wenig bekannte aristokratische Privatsammlung der Familie Borromeo Arese lüftet seit mehr als 70 Jahren erstmals den Schleier und zeigt rund 30 Meisterwerke, die zwischen dem Ende des 15. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts erworben wurden. Dazu gehören Autografen von Künstlern, mit denen die italienische Fürstenfamilie das "Besondere" der Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur früherer Zeiten erfassen wollte: Briefe und handschriftliche Zeugnisse von Pisanello, Andrea Palladio und Michelangelo, Letzterer ist etwa mit einer Kostenaufstellung für die Marmorlieferung zu den Medici-Gräbern in San Lorenzo vertreten.

Neben Bildhauerkunst sind unter den wertvollen Gemälden von Bergognone, Foppa, Pinturicchio, Boltraffio, Luini und Gianpoetrino auch bislang unbekannte zu bewundern. Darunter eine herrliche um 1520 gemalte Dido und die wenig später ausgeführte Sophonisba, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den familieneigenen Depots auf der Isola Bella am Lago Maggiore eingelagert waren.

Was den einen die Religion und die Mythologie, war den Porzellanmalern in den europäischen Manufakturen das vielseitige Vorlagenwerk, aus dem - je nach Bedarf und Zeitgeschmack - Motive entnommen und variiert wurden. James Cook war bei seinen Expeditionen vom Maler William Hodge begleitet worden, der die Stationen und Ereignisse in Illustrationen dokumentierte, darunter auch jene vom Jänner 1773, als man sich dem südlichen Polarkreis näherte.

1827 bis 1829 hielt man die dramatische Struktur der Eisinseln, der Figuren und Schiffe als miniaturhaftes Gegenüber der mächtigen Natur in der Wiener Porzellanmanufaktur auf einem Dekor fest. Von der Dramatik und Exotik derart ergriffen, setzte man kurzerhand noch einen Eisbären in die zerklüftete Landschaft, den Umstand ignorierend, dass diese Spezies am Südpol eigentlich nicht lebt.

Der Pokal mit Untertasse gehört zur Sammlung Richard Baron Cohen, einem Amerikaner, der das seltene Privileg genießt, sich hauptberuflich seiner Leidenschaft widmen zu können. Die von ihm zusammengetragenen Exponate sind Spiegelbilder vergangener Epochen und Dokumente technischer Entwicklungen - die Wiener Porzellanmanufaktur war hier einmal maßgebend gewesen und beeinflusste Sèvres in Paris ebenso wie die Königliche Porzellanmanufaktur in Berlin. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/Printausgabe, 02.01.2008)