We've got the balls: Innereienmenü in Purbach, zwölf Gänge pro Person 95 Euro, Weinbegleitung 46. Gut Purbach
Hauptgasse 64
Purbach (B)
02683 560 86
www.gutpurbach.at/

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Faustgroß, dampfend und etwas bleich liegt er vor uns, der Hoden vom Hengst. Bisschen dunkle Sauce, ein paar kleine Erdäpfel, Eidotter und Schmorschalotten auf dem großen Teller in der Mitte unseres Tisches. Gut Purbach, um Mitternacht. Die Schmecks-Neigungsgruppe Eingeweide (praktisch alle bisherigen Autoren) fuhr an den Neusiedler See, um Max Stiegls hodenständige Küche - das Innereienmenü - zu erforschen. Die "Animelles vom Hengst" sind Gang zwölf, quasi das Dessert - überbackenes Eingeweidemousse zum Schluss ist nicht vorgesehen. Würden wir eh nicht mehr schaffen. Aber der Reihe nach.

Wenig Hirn

1) Wir beginnen quasi ganz oben: Stiegl eröffnet mit einem kleinen gebackenen Stück vom Lammhirn mit Zwergmangold und roten Rüben, sehr zart, sehr weich. Herrn Winterberger schmeckt es ein bisschen zuwenig hirnig, aber der ist mit Hirn mit Ei groß geworden.

2) Die Erbsensamtsuppe ein dicker, eher scharfer, grüner Brei und Weinbergschnecken bieten der schon ziemlich köstlichen Hechtleber ein gemütliches Bett. Beeindruckend, welch Lebern solche Fische mitschleppen.

Herz für Herzen

3) Die Landhuhnconsommé prächtig kräftig, noch prächtiger, dass sich zu den angekündigten Stücken von Magen und Hals noch als kleine Überraschung Herzen gesellen. Die bekommen drei Rufzeichen.

4) Die Kalbskutteln erfreulich bissfest, die Sauce mit kleinen Speckwürfelchen je nach Anschauung weihnachtlich oder orientalisch, jedenfalls mit Kurkuma. Dazu Jakobsmuscheln, schaden keineswegs.

5) Zurück zum wichtigsten Muskel: Lamm-Rahmherz (wow!), belegt mit einem Grießnockerl, das trotz hauchzarten Lardokondoms mit dem kraftvollen Herz nicht ganz mithalten kann. Die drei Streifchen Chili obendrauf funktionieren hervorragend mit dem Lebensmuskel.

Zunge zeigen

6) Wo bleiben die Nieren? Hier: Vom Ziegenkitz, im Ganzen, sehr knackig, mit Sellerie als Püree und gebraten, dazu dicke, dunkle Sauce, liegt gut auf der Zunge.

7) Hirn bereitet Herrn Winterberger zwar keinerlei Problem, aber bei Zunge hielt er sich bisher nach Möglichkeit zurück. Ein Fehler, kann ich ihm erfolgreich versichern und gleich beweisen: Allerzartestes Lammzüngerl gesurt, im Ganzen (optisch vielleicht ein bisschen herausfordernd), mit Lauch und Pastinaken, scharf dank viel Ingwer, mit ausgiebig Kümmel.

8) Die Leber vom Rehkitz auch sehr knackig, tolle Sauce steht in meinen Fressnotizen, dazu Artischocken und zwei blunzengefüllte Ravioli.

9) Zum Quervergleich mit Gang 2 ereilt uns jetzt eine Leber vom Wels auf Lammnierndl, ein bisschen süß - ich tendiere eher zum Hecht. Herr Winterberger schwärmt von Dorschleber, weil so grandios fett.

Hodenschnitzel

10) Sollten Sie auf der normalen Karte des Gut Purbach "Stiegls Herbstschnitzel" entdecken und Hoden nicht so mögen, würde ich zu Alternativen raten - etwa dem feinen pochierten Wels. Keine Sorge, Herr Stiegl warnt vor dem Inhalt der Brösel auf der Karte mit dem kleingedruckten Hinweis "(Stierhoden)". Genau dieses Schnitzel steht jetzt auf unserem Programm, auf Vogerl-Speck-Salat. War sehr gespannt, mein erstes Mal. Die Schmecks-Posse sinniert über Vergleichbares - Surschnitzel, Kalbsschnitzel, nur weicher, zarter. Aber Hoden kommen später eh noch einmal, vom Hengst zwar, aber pur.

11) Noch sind wir nicht ganz soweit (wenngleich schon gut satt): Entenmagenragout mit Couscous schiebt der Herr Stiegl noch dazwischen, viel Ingwer, sehr gut - vor allem dank wieder einmal dazugeschummeltem Herz von dem Vogel. Yummy.

12) Grande finale (obwohl, Pferdeeier hätt ich mir schon ein bisschen größer vorgestellt): Die "Animelles vom Hengst", vier Stück, seit einigen Stunden gesotten. Einer blieb ganz, der kam in die Mitte. Die übrigen, beim Kochen aufgebrochenen halbiert auf jedem Teller mit den Schmorschalotten. Sehr eiweißig, die Konsistenz erinnert mich an Fischmousse, geschmacklich schwer einzuordnen - ein Schmecks-Esser tippt auf Kohlnote.

Max Stiegl sollte den Geschmack doch beschreiben können, wenn er die Dinger schon so gern verarbeitet, oder? "Relativ wenig Eigengeschmack", befindet er. Dennoch freut sich meine Begleitung nicht so recht, als ich sie nach meiner Hodenhälfte und noch einem dicken Radel vom ganzen Trumm in der Mitte anhauche.

Kein Euter wegen Feiertag

Wie war die Reise ins Innerste des Tiers also? Spannend vor allem, fraglos (für Fans) sehr gut, und erwartungsgemäß doch schwer. Das kleine, aber feine (Krenn!) Schnapsangebot hilft - und vielleicht kulinarischer Schongang am nächsten Tag.

PS: Euter war feiertagsbedingt leider nicht zu bekommen, sagte Max Stiegl noch. Nicht alleine deshalb mag ich wieder hin - siehe meinen erfreuten Bericht vom herkömmlichen Mittagessen voriges Jahr . PPS: Das nächste Innereienmenü im Gut Purbach soll am 24. Jänner stattfinden. Infos unter gutpurbach@aon.at.