Foto: Hersteller

Ab November 2008 erhältlich - allerdings nur 20 Mal pro Jahr: Die "Mémoire 1".

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"Alles schon mal da gewesen" ließe sich problemlos über viele der neuen mechanischen Uhrwerke schreiben. Aber eben nicht über alle, denn es gibt in der Tat noch Innovationen, welche in der langen Geschichte tickender Zeitmesser ihres gleichen suchen. Eine davon stammt von einer Uhrenmarke, der man solches bis vor wenigen Jahren kaum zugetraut hätte: Maurice Lacroix. Das 1975 gegründete Unternehmen konnte durch seine Armbanduhren der "Masterpiece Collection" zwar regelmäßig punkten, zu einem dauerhaften Eintrag in die Annalen der Zeitmessung reichte es aber nicht. Aber nun läutet die "Mémoire 1" eine neue Ära ein. Das 2004 gestartete Projekt basiert auf der Idee, eine "Große Komplikation" mit bislang einmaligen Merkmalen und hohem Gebrauchswert zu konstruieren. Und das ist dem Team um CEO Philippe Merk gelungen.

Die "Mémoire 1" besticht trotz ihrer Komplexität durch einen extrem zurückhaltenden Auftritt mit nur drei Zeigern und einem Fensterdatum. Allein die beiden Drücker neben der Krone lassen auf einen Chronografen schließen. Dass der es in sich hat, ergibt sich aus den insgesamt 537 Komponenten des Automatikkalibers ML 128 mit exzentrisch positionierter Wolfram-Schwungmasse, beidseitigem Aufzug und gut vier Tagen Gangautonomie. Damit endet aber auch schon das Normale, denn das Basisuhrwerk dreht sich entgegen dem Uhrzeigersinn. Die Notwendigkeit resultiert aus der Tatsache, dass die Räder für Stunden, Minuten und Sekunden nicht direkt ins Zeigerwerk münden, sondern in drei knapp fünf Millimeter hohe Mechaniktürme, die sogenannten "Mémoires". Diese rotieren mit unterschiedlichem Tempo und speichern so die ihnen jeweils zugedachten Zeitwerte.

Alles-oder-nichts-Prinzip

Durch diesen Kunstgriff und andere technische Raffinessen ist es möglich, die drei zentral positionierten Zeiger entweder für die aktuelle Uhrzeit oder den Chronografen zu verwenden. Das Umschalten geschieht mithilfe eines Kronendrückers nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip. Das heißt, dass am Zifferblatt entweder die aktuelle Zeit oder das gerade gestoppte Zeitintervall dargestellt wird. Halbe Sachen gibt es nicht. Dennoch läuft der aktivierte Stopper während des Ablesens der Uhrzeit aber beständig im Hintergrund mit, sodass sich die Resultate jederzeit per Knopfdruck abrufen lassen. Das Geheimnis dahinter besteht aus kleinen "Herzscheiben", von denen jede "Mémoire" gleich drei besitzt. Eine dient - ganz klassisch - der Nullstellung des Chronografen. Die beiden anderen liefern dem Schaltwerk - und damit den Zeigern - die Information, wohin sie nach der Betätigung des Umschaltdrückers blitzartig zu springen haben. In der mechanischen Realität ist natürlich alles deutlich schwieriger als es hier mit wenigen Worten beschrieben werden kann. Ganz abgesehen davon: Manche Geheimnisse müssen der "Mémoire 1" wegen laufender Patentanmeldungen noch im Verborgenen bleiben.

Darüberhinaus verfügt die "Mémoire 1" über ein völlig neu entwickeltes, allem bisher Geschilderten in Sachen Technik, Design und Ablesbarkeit ebenbürtiges Fensterdatum. Wenn alles planmäßig verläuft, sollen die ersten Exemplare mit Weißgoldgehäuse ab November 2008 erhältlich sein. Große Stückzahlen sind aber nicht zu erwarten. Pro Jahr dürften maximal 20 Exemplare zum geschätzten Preis von rund 300.000 Euro fertig werden. Dennoch stehen Mechanik-Freaks schon Schlange, denn eine Uhr wie diese gibt es nicht alle Tage. (Gisbert L. Brunner/Der Standard/rondo/21/12/2007)