In den Augen von RZB-Vorstand Patrick Butler sind die österreichischen Banken wegen ihres Engagements im Osten nicht in den Strudel der Subprime-Krise geraten. "Ein Segen", wie er meint.

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Der fürs Treasury zuständige RZB-Vorstandsdirektor, Patrick Butler, hält die Geldspritze der Notenbanken nur bedingt für klug. Er kritisiert im Gespräch mit Renate Graber auch Basel-II-Regeln, die bewirken könnten, dass Banken einander nichts mehr borgen wollen.

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STANDARD: Die Folgen der Subprime-Krise werden wohl noch länger wirken, besonders in Europa. Die Schweizer UBS schreibt heuer noch zehn Milliarden Dollar ab, selbst damit wird es noch nicht getan sein.

Butler: Das ist wirklich ein sehr hoher Betrag, man soll die Lage nicht unterschätzen. Klar, UBS hat im Subprime Fehler gemacht, nun zahlt sie den Preis dafür. Aber in einer Krise steckt die Bank nicht. Insgesamt haben einige Großbanken Annahmen aufgrund bestimmter Modelle getroffen, die sich jetzt als falsch erwiesen haben – eine sehr teure Lektion.

STANDARD: Was lernen die Banken und Anleger daraus?

Butler: Erstens, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Und dass die Kapitalmärkte nicht alles verkraften können. Für die Marktteilnehmer bedeutet das, dass sie die Liquiditätsseite sehr ernst nehmen müssen. Ein Punkt, den auch Basel II vernachlässigt. In den vergangenen Jahrzehnten war Liquidität kein Thema, es war immer möglich, Kapital aufzunehmen, sogar während der Finanzkrisen. Das relativiert sich nun.

STANDARD: Begrüßen Sie die Geldspritze der Notenbanken?

Butler: Weltweit akkordierte Geldspritzen der Notenbanken sind sicher nicht die Lösung des Problems. Damit wird man die Märkte langfristig vermutlich nicht heilen können. Sie helfen aber, Symptome zu lindern. Denn viele Marktteilnehmer befürchteten, dass sich die Liquiditätssituation auf den Geldmärkten gegen Jahresende nochmals verschärfen könnte. Vor diesem Hintergrund sind solche Eingriffe sinnvoll. Gleichzeitig zeigen die Notenbanken, dass sie in der Liquiditätssteuerung bereit sind, auch auf andere Werkzeuge als die Zinsschraube zurückzugreifen. Insbesondere das FED-Programm sollte dem Markt verstärkt kurzfristige Liquidität zuführen.

STANDARD: Was sollten die Banker künftig anders machen?

Butler: Ich habe Geschichte studiert, habe also generell gewisse Zweifel an der Lernfähigkeit des Individuums. Aber wir werden schon unsere Schlüsse ziehen. Ich glaube etwa, dass man sich bei Basel II mit seinen Eigenkapital-Unterlegungsvorschriften etwas überlegen muss. Denn wenn die Banken sich entscheiden, ihre überschüssigen Mittel nicht kurzfristig anderen Banken zur Verfügung zu stellen, weil sie auch das mit Eigenmitteln unterlegen müssen, und diese Gelder anderswo verwenden, dann kommt Sand ins Getriebe des Finanzsystems. Diese Bereitstellung von Kapital ist eine Säule des Finanzsystems, die darf nicht wegfallen. Ich hoffe, dass diese Schwäche von Basel II noch eliminiert wird.

STANDARD: Im Gegensatz zu den deutschen dürften die österreichischen Banken von der Kreditkrise nicht so sehr erwischt worden sein. Weil die österreichischen Institute ihr Kapital in den Osten tragen?

Butler: Die Österreicher hatten zum Glück anderes zu tun, als im Subprime-Bereich zu investieren. Die drei größten Banken sind eben in Osteuropa sehr aktiv, und auch der österreichische Markt selbst ist interessanter geworden. Das ist ein Segen.

STANDARD: Wo sehen Sie denn die größten Risiken für die Banken in den nächsten Jahren?

Butler: Sie dürfen nicht überheblich werden. Ein Problem ist durch die jüngsten Turbulenzen entschärft worden: Die Banken kaufen andere Institute jetzt nicht mehr um jeden Preis, so wie sie das in den vergangenen Jahren getan haben. Das zweite Problem sehe ich in der Größe von Finanzinstituten: Wir müssen uns fragen, ob es sinnvoll ist, so groß zu werden, dass die Anleger gar nicht mehr wissen, was für ein Konglomerat aus Unternehmen sie wirklich kaufen. Unternehmen dieser Größenordnung sind nicht nur „too big to fail“ – also zu groß, um sie pleite gehen zu lassen –, sondern auch zu groß, um noch erfolgreich zu arbeiten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2007)