George W.Bush war einst in den Irak gezogen, um dem Land die Demokratie zu bringen, und brachte ihm stattdessen Tod und Verderben. Westeuropäische Medienkonzerne zogen nach Osteuropa, um die dortige Medienlandschaft demokratisch aufzurüsten und brachten - nein, nicht Tod und Verderben, aber auch nicht immer bessere Medien. Was sie hingegen immer nach Hause brachten, war sehr viel Geld für die eigene Kasse. Ein interessantes Fallbeispiel dazu ist das jüngste Abenteuer des deutschen Medienmanagers Bodo Hombach in Bulgarien.

Hombach, einst Kanzleramtsminister der ersten Regierung Schröder, ist Geschäftsführer des Essener Medienriesen WAZ, des Kompagnons der "Krone". Er ist offenbar einer jener Sozialdemokraten, die besonders gut im Geldverdienen sind. Die WAZ hat in den vergangenen Jahren in großem Stil Zeitungen und Fernsehstationen auf dem Balkan aufgekauft, die alle erfolgreich nach dem Prinzip "Cash und Trash" funktionieren.

Sie konnte sich dabei auf Hombachs Erfahrungen stützen, die dieser in einem anderen Job, dem des Koordinators für den Balkan-Stabilitätspakt, gesammelt hat. Jetzt sind zwei bulgarische WAZ-Blätter ins Kreuzfeuer internationaler Kritik geraten, weil sie zur Speerspitze einer rechtsnationalistischen Hasskampagne wurden.

Es geht um eine wissenschaftliche Ausstellung in Sofia über den Mythos der bulgarischen Nationswerdung, zusammengestellt von einer bulgarischen Kulturwissenschafterin und einem deutschen Kollegen, die beide in Berlin arbeiten. Im Zentrum dieses Mythos steht der Befreiungskampf der Bulgaren gegen die Türken und bei diesem vor allem das Massaker von Batak 1876, das in einem berühmten, mittlerweile zur nationalen Ikone gewordenen Bild eines polnischen Malers festgehalten ist.

Die Wissenschafterin Martina Baleva fand nun heraus, dass das Bild auf im Nachhinein "gestellten" Fotos beruht. Das genügte, um die bulgarische extreme Rechte gegen die "Verräterin" schäumen zu lassen. Es gab bereits Morddrohungen, Martina Baleva traut sich indessen nicht mehr, in ihre Heimat zu reisen. Und die WAZ-Blätter Trud ("Arbeit") und 24 Tschassa ("24 Stunden") gossen kräftig Öl ins Feuer. Jetzt ist Bodo Hombach selbst nach Sofia gereist, um den Schaden zu begrenzen. Er kündigte an, dass künftig nicht mehr die einheimischen Redakteure, sondern die deutsche Verlagszentrale die Blattlinie bestimmen werde. Bisher hat sich der deutsche Chefredakteur vor Ort darum offenbar nur mangelhaft kümmern können, weil er nicht Bulgarisch kann.

Vor einiger Zeit haben sich bei einem internationalen Symposion in Wien bulgarische und rumänische Experten darüber beklagt, dass die deutsche Boulevard-Maschine die wenigen kritischen Medien in ihren Ländern praktisch ruiniert hat. Nicht durch politischen Druck, sondern durch entfesselten Kommerzjournalismus.

Quote und Auflage kann man auf dem Balkan und anderswo bekanntlich nicht nur durch Sex and Crime machen, sondern auch sehr gut durch Mobilisierung gegen Ausländer, gegen die EU und gegen "Nestbeschmutzer". Das dabei die gern beschworenen "europäischen Werte" unter die Räder kommen, ist ein Kollateralschaden.

Die Stärkung der Demokratie in den ehemals kommunistisch regierten Ländern war stets ein Hauptargument für die Osterweiterung der Europäischen Union. Wenn man dieses Ziel skrupellos dem Geschäft opfert, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Skeptiker Aufwind bekommen. (DER STANDARD; Printausgabe, 28.11.2007)