iPod touch

Als Apple Anfang Jänner das erste mal das iPhone präsentierte, war eine Frage immer wieder zu hören: "Wird es auch einen neuen iPod mit Touchscreen geben?". Angesichts des Erfolgs des iPhones war es dann keine große Überraschung, dass Apple einige Monate später den Wunsch der KundInnen erfüllt hat - seit kurzem ist der iPod touch nun auch hierzulande erhältlich.

Neu

Waren die letzten Produktgeneration des iPod eher evolutionären Entwicklungen gewidmet, so macht der Touch nun vieles anderes. Kein Wunder: Mussten doch die gewohnten Knöpfe und das Click Wheel einem Touchscreen gewichen - die Steuerung des Geräts folgt also neuen Prinzipien.

OS

Diese Änderung ist aber bei weitem nicht die einzige von Tragweite, immerhin kommt nun statt dem schmalen iPod-Betriebssystem eine abgespeckte Version von Mac OS X zum Einsatz. Dies ermöglicht ganz neue Anwendungen, und zumindestens ein paar davon haben es auch auf den "touch" geschafft.

Foto: Hersteller

Eckpunkte

Doch kommen wir zunächst mal zu den Eckdaten: Der iPod touch misst 110 x 62 mm, mit einer Dicke von 8mm ist er ein gutes Stück dünner als das iPhone. An der Verarbeitung des Geräts gibt es wie gewohnt kaum etwas zu meckern, hier erlaubt sich Apple keinen Patzer.

Dock

Beim iPod touch gibt es allerdings eine kleine Veränderung, die vor allem für jene negative Konsequenzen hat, die schon zuvor einen anderen MP3-Player von Apple erworben haben: Zwar ist der Dock-Anschluss gleich geblieben, trotzdem lässt sich ein Teil der bisher verfügbaren iPod-Peripherie nicht mehr verwenden. Der Grund: Die Kopfhörerbuchse ist von der Oberseite nach unten gewandert, ein angehängtes Kabel blockiert schon mal die Verbindung.

Touchscreen

Ansonsten liegt der iPod touch mit seinen 120 Gramm gut in der Hand. Der Touchscreen bietet 3,5 Zoll Bildschirmdiagonale, 480x320 Pixel tummeln sich darauf. Wie schon ausführlich in zahlreichen Internet-Foren heiß diskutiert: Der iPod touch hat tatsächlich ein etwas schlechteres Display als das iPhone, vor allem die Schwarz-Darstellung leidet darunter. Trotzdem ist die Qualität des Gebotenen noch immer ziemlich gut, das kleine Minus macht sich eigentlich nur im direkten Vergleich bemerkbar.

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Modelle

Das Gerät gibt es in Ausführungen mit 8 und 16 GByte, mit einem Listenpreis von 299 und 399 Euro ist man im Vergleich zu anderen Playern relativ teuer. Dafür will der iPod-touch aber noch jede Menge Zusatznutzen bieten, der ihn von einem "normalen" MP3-Player abheben soll.

Interface

Gleich nach dem Einschalten zeigt sich: Beim Interface hat Apple ganze Arbeit geleistet. Die Präsentation ist nicht nur optisch ansprechend, sie ist vor allem leicht mit dem Finger zu bedienen. Angesichts dessen, dass es hier keinen Stylus gibt, kein ganz unwichtiges Kriterium.

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Start

Dabei ist Apple die notwendige Balance in Hinlick auf den Touchscreen ziemlich gut gelungen: Das Gerät reagiert zwar recht sensibel auf Eingaben - festes Aufdrücken ist also nicht vonnöten - andererseits auch wieder nicht so sensibel, dass es zu versehentlichen Eingaben kommt.

Zentral

Auf dem Startbildschirm sind die einzelnen Anwendungen übersichtlich versammelt. Neben den Kernanwendungen Musik, Videos und Fotos gehören dazu auch ein paar andere Programme wie ein Webbrowser, ein spezieller Youtube-Viewer oder ein Kalender.

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Musik

Zentrale Anwendung eines iPods ist und bleibt aber freilich das Musikhören. Und dieses präsentiert sich zumindest schon mal so hübsch wie noch nie: Wer von iTunes oder Mac OS X 10.5 den Coverflow-Modus kennt, wird sich freuen, diesen auf dem neuen iPod wieder zu finden. Mit dem Finger lässt sich so bequem durch die eigene "Plattensammlung" blättern.

Liste

Alternativ dazu gibt es auch eine Listenansicht. Der Wechsel zwischen beiden erfolgt durch Drehen des Geräts, entscheiden dist also, ob der Screen horizontal oder vertikal ausgerichtet ist. Auch wenn die Bedienbarkeit über weite Strecken ziemlich gut gelungen ist, so offenbart sich hier doch auch die eine oder andere Tücke dieses Systems.

Lautstärke

Denn so manche Tätigkeit, die bisher locker, ganz nebenbei in der Jackentasche erledigt werden konnte, ist nun wesentlich umständlicher geworden. Ein Paradebeispiel dafür ist wohl die Veränderung der Lautstärke: Im Gegensatz zum iPhone hat Apple beim iPod touch nämlich auf physische Knöpfe für diese Aufgabe verzichtet, also muss der Touchscreen auch für diese Aufgabe herhalten.

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Probleme

Heißt: Das Gerät aus der Tasche holen und dann beide Hände für das lauter oder leiser machen benötigen - etwas das z.B. in einer fahrenden U-Bahn schon mal recht unangenehm werden kann. Verschärft wird die Problematik noch durch ein Interface-Design-Problem, das man eigentlich nur als groben Schnitzer von Apple bezeichnen kann.

Der Dreh

Im Coverflow-Modus ist nämlich gleich mal gar keine Lautstärkenregelung möglich. Also muss auf die Listenansicht gewechselt werden, ein Wechsel der ausschließlich über den bereits erwähnten Lagesensor möglich ist. Dieser wiederum reagiert aber nur, wenn das Gerät aufgestellt ist. Mit flach vor sich hertragen beim Gehen ist da nichts mehr - das Gerät muss schon hochgehalten werden, damit es funktioniert.

Klang

In Bezug auf die Klangqualität gibt es beim iPod touch eigentlich nichts zu meckern, diese ist gleich gut wie die der Vorgängermodelle. An Formaten unterstützt man neben MP3 auch AAC, Protected AAC, AIFF, WAV, und das Apple Lossless codec. Die Unterstützung für andere Codecs wie Ogg Vorbis oder auch FLAC sucht man hier freilich weiterhin vergebens. Die Akku-Laufzeit ist dafür recht ordentlich: 22 Stunden gibt der Hersteller an.

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Wireless

Ein uneingeschränkt erfreuliches Plus des iPod touch ist die Integration einer WLAN-Verbindung: Mittels 802.11 b/g lässt sich mit drahtlosen Netzwerken verbinden, an Verschlüsselungsmethoden unterstützt das Gerät WEP, WPA und WPA 2. Die Enterprise-Ausführung von WPA verweigert der touch hingegen.

Store

Die solcherart eröffnete Internet-Anbindung eröffnet natürlich eine ganze Reihe spannender Anwendungsmöglichkeiten, die eine oder andere davon hat Apple auch in seine Software aufgenommen. So kann man sich mit dem iPod touch den Umweg über den Computer sparen, und Lieder direkt im iTunes Music Store kaufen.

Plus

Auch wenn dem verfügbaren Client dabei einige Funktionen fehlen, die in der Desktop-Version zu finden sind - etwa der Download von Videos oder Audiobüchern - so ist dies doch ein echter Gewinn.

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Web

Doch mit so einem WLAN-Zugang lässt sich natürlich noch wesentlich mehr machen, als ein einzelnes Bezahlservice anzusteuern. Dementsprechend hat Apple dem iPod touch einen eigenen Webbrowser spendiert, konkret ist hier der auch von Mac OS X her bekannte Safari zu finden.

Zeit

Eine Anwendung, bei der ersichtlich ist, dass Apple wohl einiges an Zeit investiert hat, um sie optimal an die Möglichkeiten und die Leistungsfähigkeit eines mobilen Devices einzupassen. Von Haus aus werden Webpages in ihrer vollen Breite dargestellt, eben so weit herausgezoomt, dass es sich ausgeht.

Foto: Redaktion

Funktion

Per Multitouch kann in die einzelnen Bereich der Seite hineingezoomt werden, so dass die Texte auch bei umfangreicheren Webpages lesbar sind. Das Verschieben des Bildausschnitts erfolgt einfach per Finger, ein Bereich in dem Apple beispielhafte Liebe zum Detail beweist: So Kleinigkeiten, wie das leichte "Abprallen" einer Seite am Ende des Displays führen dazu, dass sich das Interface wesentlich "physischer" ansfühlt.

Fragen

Auch sonst holt Apple so ziemlich das Beste aus den Rahmenmöglichkeiten heraus, etwa durch eine nett aufbereitete Überblicksansicht zu den gerade geöffneten Webpages - das Pendant zu den vom Desktop gewohnten "Tabs" für den mobilen Safari. Die Frage ist allerdings, ob dieses "Beste" allen, die ein Gerät zur mobilen Internetnutzung suchen, reicht.

Auflösung

Das Hauptproblem ist wohl schlicht die mangelnde Auflösung des iPod touch, immerhin stehen hier in der Breite maximal 480 Pixel zur Verfügung. Und selbst wenn das Zoomen wirklich gut gemacht ist, die Darstellung einer Seite in voller Auflösung - wie es andere mobile Devices ermöglichen - und somit ohne die Notwendigkeit des steten Rein- und Rauszoomens kann es nicht ersetzen.

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Eingabe

Auch die Eingabe ohne Stylus ist nicht immer ganz problemlos, etwa wenn es gilt mit dem Finger einen einzelnen Link aus einer Liste von Verweisen zielgenau anzuvisieren. Ähnliches gilt für die - eigentlich gut durchdachte - virtuelle Tastatur: Für Menschen mit großen Fingern ist es nicht gerade einfach immer den richtigen Buchstaben zu erwischen, etwas, das aber schlicht durch die Größe des Bildschirms bedingt ist. Immerhin versucht das Gerät hier mit einer Autokorrektur den Fehlern der BenutzerInnen entgegen zu arbeiten.

Flash

Andere Beschränkungen sind da schon schwerwiegender. Etws das vollständige Fehlen eines Flash-Players oder die nicht vorhandene JAVA-Unterstützung. Dazu kommt, dass von vielen Web-Services - also etwa GMail, Google Reader, etc - nur die abgespeckten Versionen für mobile Geräte benutzt werden können. Besser als nichts, aber wer etwa eine Vielzahl von Newsfeeds abonniert hat, für den ist die Minimalversion des Google Reader nicht wirklich funktional.

Neustart

Auch erwies sich im Test die WLAN-Anbindung an sich als nicht ganz unproblematisch: So kam es immer wieder dazu, dass das Gerät nur durch einen vollständigen Neustart dazu bewegt werden konnte, sich wieder mit einem Access Point zu verbinden - bzw. diesen auch nur sehen. Ein Bug, der immer dann auftrat, wenn das Gerät zuvor seine Verbindung verloren hatte.

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YouTube

Wurde zuvor die begrenzt berauschende Unterstützung von Web-Services beklagt, so sei im Gegenzug auch ein wirklich gelungenes Gegenbeispiel genannt. Denn der iPod touch beinhaltet auch einen eigenen YouTube-Player.

Möglichkeiten

Über diesen kann einfach nach Videos gesucht werden, auch Toplisten und die Verweise auf ähnliche Videos dürfen nicht fehlen. Die Darstellung der Videos erfolgt immer in der Breitbildansicht, damit es zu keinen Hängern kommt, werden die Clips zu Beginn im Hintergrund gebuffert.

Foto: Redaktion

Video

Neben Clips von YouTube kann der iPod touch aber natürlich auch "normale" Videos darstellen, die vom heimischen Rechner auf das Gerät geladen werden. Der zugehörige Player ist einfach zu bedienen, sonderliche Spezialitäten hat er zwar nicht aufzuweisen, muss aber auch nicht sein. Immerhin soll die Software ja primär mal "funktionieren", und das tut sie tadellos.

Support

Problematisch da schon eher die wie üblich äußerst eingeschränkte Unterstützung für Audio- und Videoformate. So muss dann halt so ziemlich alles, das auf dem iPod touch landen soll, zuerst durch den Konvertierungsprozess von iTunes schicken. Und das gilt dann auch nur für Formate, die dieses unterstützt, sonst muss noch ein anderes Tool her. Andere mobile Videoplayer machen die Benutzung bestehender Videos hier wesentlich einfacher.

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Bilder

Die wohl gelungenste Anwendung des iPod touch ist aber eine andere: Am integrierten Bildanzeiger gibt es wirklich kaum etwas auszusetzen. Mit dem Finger durch den eigenen Bilderdschungel blättern, per Mulitouch an einzelne Stellen heranzoomen - das macht einfach Spass. Einzige Einschränkung: Bei hochgestellten Aufnahmen kann schon mal der Lagesensor in die Quere kommen, und das Bild unerwünscht kippen. Auf die richtige Handhaltung kommt es also an.

iTunes

Doch kommen wir zurück zu iTunes: Mit dem iPod touch führt Apple die Zwangsanbindung an seine Software in neue Untiefen. Einen "Disk-Modus", bei dem Daten auch ohne iTunes auf das Gerät gespielt werden konnten, gibt es nun gar nicht mehr. Alles, was auf den iPod touch will - von Musik über Bilder bis zu Videos - muss den Umweg über das Programm des Herstellers nehmen.

Abgleich

Schade auch, dass man hier dann nicht wenigstens das Potenzial der Wireless-Anbindung nutzt: Die Synchronisation muss weiter per USB-Kabel erfolgen, einen automatischen Abgleich per WLAN gibt es bislang nicht.

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Beschnitten

Wer glaubt, der iPod touch sei einfach ein iPhone ohne Telefonfunktion - und die zugehörigen Services - der wird übrigens eine böse Überraschung erleben. Apple hat nämlich den touch in seinen Möglichkeiten recht willkürlich arg beschnitten.

Mail und Co.

So bleiben etwa das Fehlen des Mail-Programms oder des Notizblock des iPhone vollig unverständlich. Technisch gesehen gibt es dafür keinen Grund, viel mehr handelt es sich hier wohl um einen Fall von ziemlich übereifriger Produkt-Diversifizierung.

Eintrag

Immerhin ist man bei einer bedeutenden Einschränkung der iPod touch-Software mittlerweile wieder zurückgerudert: Mit Firmware 1.1.2 ist es nun auch möglich, im Kalender eigene Einträge vorzunehmen - und nicht wie bisher ausschließlich per Synchronisation vom Rechner geliefert zu bekommen. Eine Limitierung, die wohl - angesichts der mächtigen Softwareplattform - wie keine andere die Absurdität der Appleschen Beschränkungsbemühungen symbolisiert hat.

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Bild nicht mehr verfügbar.

Fazit

So präsentiert sich der iPod touch zwar als durchaus interessante Hardware mit einer spannenden Softwareplattform und einem innovativen Interface, aber eben auch als ein Gerät, das derzeit kaum etwas von seinem Potential einlöst. Dass dem so ist, liegt vor allem an der strikt nicht-offenen Politik des Herstellers, der Programme von Fremdanbietern aktiv auszusperren sucht. Bleibt zu hoffen, dass das versprochene Software Development Kit für das iPhone hier tatsächlich etwas Bewegung mit sich bringt.

Möglichkeiten

Derzeit präsentiert sich die Bilanz des iPod touch aber eher durchwachsen: Als reiner MP3-Player ist er ziemlich teuer, auch wird wohl der Speicherplatz nicht für alle ausreichen. Für einen vernünftigen Videoplayer fehlt einfach die nötige Codec-Unterstützung, wer ein mobiles Device zum Surfen im Netz sucht, ist mit anderen Geräten - etwa dem Nokia N800/N810 - definitiv besser dran. Die Bildbetrachtung ist zwar an sich toll - ein direktes Herunterladen der Fotos von einer Kamera ist aber natürlich auch nicht möglich. Auch der Eindruck, dass sich Apple jenseits von "iPod touch = iPhone - Telefon - ein paar Anwendungen", nicht sonderlich viel überlegt hat, will nicht ganz aus dem Gedächtnis gehen.

No Touchdown

So bleibt ein Gerät von dessen Möglichkeiten man zwar am ersten Tag ziemlich begeistert ist, sich aber am dritten Tag fragt, warum eigentlich so viel, was Sinn machen würde, nicht geht und sich nach einer Woche nicht mehr sicher ist, ob der Touchscreen zur alleinigen Steuerung - gerade im Outdoor-Einsatz - wirklich so eine gute Idee ist. Apple erweist sich mit dem iPod touch - bzw. zuvor mit dem iPhone - zwar zweifelsfrei als richtungsweisend, vor allem im Interface-Design, ein "Touchdown" sieht aber trotzdem anders aus. (Andreas Proschofsky)

Foto: ROBERT GALBRAITH / REUTERS