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Unterrichtsministerin Claudia Schmied kann dem VP-Bildungs-Reformpapier nichts abgewinnen.

Foto: APA/Barbara Gindl
Wien - Das neue ÖVP-Modell zur Schulreform sorgt für den erwarteten Ärger. Unterrichtsministerin Claudia Schmied von der SPÖ sprach am Samstag in einer Aussendung von einem "großen Rückschritt". Der Entwurf des Koalitionspartners beinhalte nicht nachvollziehbare und widersprüchliche Forderungen und habe einzig "eine totale Blockade von Reformen" zum Ziel. Schmied beharrt auf weiteren Verhandlungen auf Basis ihres Kompromiss-Papiers, ansonsten müsse die Volkspartei dafür verantwortlich gemacht werden, dass wieder ein verlorenes Jahr für die Kinder bevorstehe.

Nach Einschätzung Schmieds fehlt der ÖVP der Wille für eine auf Fakten basierende Reformarbeit im Bildungsbereich. Denn entgegen dem sehr positiven Gesprächsverlauf in den letzten Tagen sei am Donnerstag vom Regierungspartner überraschend ein Entwurf übermittelt worden, "der bildungspolitisch 50 Jahre in die Vergangenheit zurück geht". Ginge es nach dem Koalitionspartner, sollten Modellversuche durch Überbürokratisierung und parteipolitische Kontrolle noch zusätzlich erschwert werden.

Zentrale Punkte fehlen

Zentrale Punkte wie Rechtssicherheit für Eltern, Schüler und Lehrer und eine Bestandsgarantie für die Modelle würden in diesem Entwurf nicht berücksichtigt, findet Schmied. Besonders bemerkenswert findet die Unterrichtsministerin, dass gemäß Vorstellungen der ÖVP Gewerkschaftsfunktionäre die Schulversuche in einem sogenannten "Evaluierungsausschuss" kontrollieren und evaluieren sollten: "Das bedeutet einfach die Ausweitung des parteipolitischen Einflusses in den Schulen".

Schmied zerpflückt das ÖVP-Papier auch im einzelnen. Dieses sehe vor, dass es jährlich zu einer Abstimmung an den Schulen käme, wo zwei Drittel der Lehrer, Eltern und Schüler vor Ort einer Fortsetzung des Schulversuchs zustimmen müssten, womit keine Rechtssicherheit gegeben wäre. Auch dass der Finanzminister verstärkt eingebunden werden müsse, lehnt die Unterrichtsministerin als "Blockade-Situation" und Bürokratisierung ab.

Dass das Regelschulsystem an den Schulstandorten bestehen bleiben müsse, würde bedeuten, dass bestenfalls Modellklassen möglich wären, womit eine Erprobung der gemeinsamen Schule nicht machbar sei. Die Begrenzung der Versuche auf insgesamt sieben Prozent aller Klassen der jeweiligen Schulart bzw. fünf Prozent aller Klassen in einem Bundesland bringe mit sich, dass kein Spielraum gegeben sei, da die Prozentsätze schon jetzt ausgeschöpft seien. Schmieds Fazit: "Schulentwicklung wird mit diesem Entwurf im Keim erstickt."

Weiterverhandeln

Aufgrund dieses ÖVP-Vorschlags gebe es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man verhandle weiter auf Basis ihres Konsenspapieres, das auch von Vizekanzler Wilhelm Molterer und Bundesminister Johannes Hahn als positiv bezeichnet worden sei, oder der Regierungspartner müsse sich vor allen Betroffenen und Beteiligten für seine Blockadehaltung und ein verlorenes Jahr für "unsere Kinder" verantworten. Dann werde sie diesen Aspekt beim großen Schulgipfel am 13. Dezember mit allen politischen Parteien, Sozialpartnern, Bundesländervertretern, Schulpartnern und Bildungsexperten zum Hauptthema machen, betont die Ministerin.

Missethon über "Blockadehaltung" Schmieds entrüstet

ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon hat den Schulreform-Entwurf seiner Partei gegen die Kritik von Unterrichtsministerin Schmied verteidigt. Für die ÖVP sei es klar, dass die Praktiker des Schulalltages für die Weiterentwicklung der Schule gebraucht würden. Kritik übt der Generalsekretär an der "Gesprächsverweigerung und Blockadehaltung" Schmieds: "Wichtig ist, dass jetzt weiter verhandelt und nicht in ideologischen Gräben verschanzt wird", formuliert Missethon.

Die Weiterentwicklung des Schulsystems könne nicht in sozialistischer Manier von oben verordnet sondern müsse gemeinsam mit den Betroffenen entwickelt werden: "Ministerin Schmied soll daher am Verhandlungstisch Platz nehmen. Minister (Johannes) Hahn sitzt schon dort", berichtet der Generalsekretär.

Zu Wort gemeldet hat sich am Samstag auch schon die AHS-Lehrergewerkschaft. Deren Vorsitzende Eva Scholik verteidigte in einer Aussendung das ÖVP-Modell: "Wer sich davor fürchtet, kann von seinem Modell nicht besonders überzeugt sein." Es müsse endlich Schluss damit sein, dass ideologische Scheuklappen die sinnvolle Weiterentwicklung der Schule verhinderten.

Für Grüne will ÖVP Blockadegesetz

Aus Sicht der Grünen will die ÖVP ein "Schulblockadegesetz" einführen. In Paragraf 1 sollte geregelt werden, dass auch für den Fall der Zustimmung aller Beteiligten Parteichef Wilhelm Molterer, Klubobmann Wolfgang Schüssel und Bildungssprecher Fritz Neugebauer ein individuelles Vetorecht eingeräumt werde, spottet Bildungssprecher Dieter Brosz in einer Aussendung über die Pläne der Volkspartei.

"Außer Schikane und Blockade fällt der ÖVP zur Schule überhaupt nichts mehr ein", findet der Grün-Mandatar. Eine besondere Chuzpe sei, dass jetzt auf die Mitbestimmung gepocht werde. Bei allen finanziellen Einschnitten in den letzten Jahren sei der Volkspartei die Meinung der Lehrer, Schüler und Eltern noch herzlich egal gewesen.

FPÖ: "Ungeheuerliche Frechheit"

Seitens der FPÖ meinte Generalsekretär Herbert Kickl zum Schulstreit, gegenseitige Blockade sei für diese Koalition ein Hilfsausdruck. Es sei eine "ungeheuerliche Frechheit", ausgerechnet auf dem Rücken der Kinder parteitaktische Spielchen auszutragen. Weder Rot noch Schwarz gehe es in Wahrheit um die Zukunft unseres Bildungssystems, sondern nur um die Sicherung von Einflusssphären. Während sich die SPÖ mit der Gesamtschule aus dem verstaubten Theaterfundus der Achtundsechziger bediene, sehe die ÖVP ihre Hauptaufgabe darin, schwarze Machtpositionen im Schulbereich beizubehalten und auszubauen. (APA/red)