Postkartengrüße von Trauminseln: da schäumen der Exfreund und die Nachbarin.

Foto: derStandard.at
Ein Kurztrip nach Sylt oder London - oder auch beides, zu Weihnachten nach New York und für den verdienten Sommerurlaub auf die Seychellen. Alles das lässt sich problemlos innerhalb eines Jahres organisieren und kostet insgesamt nicht viel mehr als 50 Euro. "Die Karten werden mit den Ziel verschickt, Arbeitskollegen, Nachbarn, den oder die Ex und den Chef zu ärgern oder sie zumindest neidisch zu machen", erklärt Edith Gailus die Freude an der Reise-Lüge.

Genau solche Reaktionen bezwecken Kunden von MayDayCards mit dem Vesenden von Postkarten aus aller Welt an die "Lieben" zu Hause. "Viele unserer Kunden kommen aus Österreich. Hier fand die Idee, Postkarten aus exotischen Destinationen nach Hause zu schicken, ohne jemals dort gewesen zu sein, besonders großes Interesse", so Edith Gailus von MayDayCards. Absender und Adressaten gibt es jedoch weltweit, die internationale Seite, die zur Zeit neu erstellt wird, wird demnächst wieder eröffnet.

London, Seychellen und Kitzbühel

Kurzreisen verbringen die virtuellen Reisenden am liebsten in London und in Wien. Diese "Reisen" finden mehrmals im Jahr statt, wobei die Top-Sommer-Destination Sylt ist. Der Urlaub dort wird mit einer Flaschenpost unter Beweis gestellt. Dazu gelangt die Flaschenpost zuerst zu dem mit Sehnsucht an die Daheimgebliebenen denkenden "Reisenden". Er schreibt seine Urlaubsgrüße auf die Papierrolle, die Adresse auf das Adressfeld auf der Flaschenrückseite und schickt die Flasche im Antwortumschlag zurück am MayDayCards. Anschließend wird die Sendung von Kurieren nach Sylt gebracht, erhält dort die entsprechenden Poststempel und geht dann auf dem normalem Postweg zum Empfänger.

Zwei- bis viermal jeden Monat sind die Kuriere zu den Postämtern in Fiji, Japan, den USA oder Dubai unterwegs um dort die Schummel-Karten aufzugeben. Eine Kontrollkarte sorgt dafür, dass der angebliche Weltenbummler informiert wird, sobald seine Urlaubsgrüße den Empfänger erreicht haben.

Besonders beliebt sind unter anderem auch die Seychellen, Hawaii und Mauritius und sogar Geschäftsleute nutzen die Möglichkeit zur Lüge, um Business-Reisen nach London, München oder Tokyo vorzutäuschen. Gefragt sind auch Wintersportreisen nach Kitzbühel.

Rache, Angeberei und Imponiergehabe

"Der Prestigeschwindel boomt", erklärt Edith Gailus die Lust zur Lüge. "In erster Linie geht es dabei ums Angeben, die Leute wollen zeigen, was sie sich leisten können - auch wenn es nicht so ist. Oft werden Karten aus Dubai benutzt, um damit eine Beziehung zu beenden, Ex-Partner sollen mit Karten aus Mauritius schmerzhaft darauf hingewiesen werden, wie schön das Leben ist, seitdem sie nicht mehr Teil davon sind."

Balztanz aus dem Postkasten

Neue Bekanntschaften aus Singlebörsen zu beeindrucken ist ein weiteres Motiv, um Karten aus Luxusdestinationen zu verschicken. "Es werden Standardtexte auf Grußkarten geschrieben und an mehrere Frauen verschickt. Damit wollen die Versender zum einen den Kontakt intensivieren, zum anderen wollen sie damit zeigen, dass sie auch im "Urlaub" an ihre neue Bekanntschaft denken. Und natürlich wollen die Absender bei den Damen Eindruck schinden, in dem sie ihnen zeigen, was sie sich alles leisten können", erklärt Gailus die Gründe für den Versand der Postkarten.

Frauen erschummeln sich den Ruf als Aussteigerinnen und schicken Postkarten am Liebsten aus Neuseeland oder Australien. Es gibt aber auch sehr nette Ideen für gefakte Karten: so werden beispielsweise viele Hochzeitsanträge per Post aus Las Vegas zugestellt. Zunehmend verkaufen sich auch Karten vom See Genezareth.

Das Foto: der ultimative Beweis

Um nachhaltig und restlos überzeugend zu beweisen, dass man in Dubai oder Las Vegas war, werden seit neuestem einfach Fotos vorgelegt. Der Aufenthalt in Dubai wird anhand von 12 Fotos und der Kopie der dort ausgehängten Hotelpreisliste untermauert. Die Bilder gehen an den Auftraggeber, der nach seiner "Reise" beim gemütlichen Foto-Abend von seinem sensationellen Aufenthalt im Luxus-Hotel in Dubai erzählen kann.

Geplant ist für die Zukunft außerdem die Möglichkeit, aus Dubai Briefe auf dem Original Briefpapier des Burj Al Arab zu verschicken. Auch für New York City solle es bald Briefsets geben, die den Versand persönlicher, nicht einsehbarer Nachrichten an Freunde, Partner oder Nachbarn sowie das Verfassen längerer Texte ermöglichen werden. In Zukunft soll auch Südamerika in das Repertoire der leicht erreichbaren Reiseziele aufgenommen werden. (ham)