Wien - Ein regelrechtes Bad in der Menge genommen hat Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Nationalfeiertag im Bundeskanzleramt. Beim "Tag der offenen Tür" waren zahlreiche Neugierige gekommen, um sich das Gebäude einmal von innen anzusehen. "Schau, der Bundeskanzler", hieß es, als um die Mittagzeit Gusenbauer persönlich auftauchte. Gekonnt nutzte er die Gelegenheit, um Volksnähe zu demonstrieren.

Vor Schüssel

Das Bundeskanzleramt meldete schon um 15.00 Uhr, zwei Stunden vor Ende des "Tages der Offenen Tür", einen neuen Besucherrekord von rund 6.000 Personen. Gusenbauers Vorgänger Wolfgang Schüssel hatte vor einem Jahr insgesamt rund 5.000 Besucher empfangen.

Auch im heurigen Jahr wurden wieder hunderte Hände geschüttelt, Autogramme gegeben und Fotos geknipst. "Lassen Sie sich nicht einkochen", meinte ein Besucher zur aktuellen politischen Situation. "Wie viel verdienen Sie eigentlich?", wollte ein Bub von Gusenbauer wissen. Von so viel Direktheit war der im Umgang mit dem Volk entspannt wirkende Kanzler leicht überrumpelt. Nach einer kurzen Nachdenkpause entschied er sich dann doch den jungen Mann über seine Einkommenssituation zu informieren: "Rund 9.000 Euro", erklärte er.

"Servas"

Hallo, griaß Eich!", "Servas!" nahm Gusenbauer nach einem Rundgang durch das Kanzleramt seine Gäste in seinem Büro in Empfang."Ich muss Sie doch auch besuchen, wenn Sie schon mal da sind", erläuterte eine ältere Dame den Grund für ihr Erscheinen. Nicht alle waren vom Büro des Regierungschefs beeindruckt. "Das hab ich mir pompöser vorgestellt", meinte etwa ein junger Niederösterreicher.

Einige nutzen die Gelegenheit, um dem Kanzler genauer auf den Zahn zu fühlen: "Rapid oder Austrianer?" wollte ein Mann von ihm wissen. Die Antwort "Rapid natürlich" brachte Gusenbauer ein strenges "Aufwiedersehen Herr Kanzler" des Fussballfans ein. Politische Wünsche wurden Gusenbauer hingegen meist ins Ohr geflüstert.

Geschichtsstunde

Vor seinem Termin im Kanzleramt wandelte Gusenbauer auf den Spuren seiner eigenen Partei. In der SPÖ-Parteizentrale in der Löwelstraße, die ebenfalls ihre Türen geöffnet hatte, inspizierte er die Ausstellung zur Geschichte der SPÖ. In seinem Büro in der Zentrale, das er nur mehr "sporadisch" besuche, erzählte er den Besuchern aus früheren Zeiten, als er in dem Raum an Besprechungen mit dem damaligen Bundesparteivorsitzenden Bruno Kreisky teilnahm. "20 Jahre danach war ich selber Parteivorsitzender, so schnell gehts", so Gusenbauer zu seinem Publikum. In der Ausstellung gab es unter anderem alte Wahlplakate und Dokumente aus der Parteigründungszeit zu sehen. (APA)