Fällt der Begriff "Raimann", ist die Assoziation mit der "Donauwelle" nicht weit. Dabei handelte es sich - die Betonung muss leider auf dem Präteritum liegen - um ein Veranstaltungsprogramm, das ab Mitte der 1990er sieben Jahre hindurch im Kaffeehaus präsentiert worden ist. Eine bunte Mischung aus Konzerten, Operetten, Travestie und Bauchtanz füllte jeden Samstag Abend die Räumlichkeiten des Cafés.

Foto: Ostermann

Dass es dazu gekommen ist, war dem Herrn Franz, dreißig Jahre lang Kellner-Institution im "Raimann", zu verdanken. Sein Bekannter, ein Laienkünstler namens René, war nach der Schließung des Cafés "Donauwelle" hinter dem Theater an der Wien, betrieben von der Stadt bekannten Frau Maria, auf der Suche nach einer Örtlichkeit für seine Auftritte. Und flugs war die Sache aufgrund des Einflusses vom Herrn Franz beschlossen: die "Donauwelle" übersiedelte ins "Raimann".

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Doch bald gab es Probleme: "Eine Hauspartei beschwerte sich immer wieder wegen der Lärmbelästigung", erzählt Leo Raimann, der das Kaffeehaus seit Jahrzehnten betreibt. Irgendwann sei dann die Baupolizei vor der Tür gestanden und hätte das Einziehen einer Zwischendecke verlangt. "Das zahlte sich nicht aus und nach sieben Jahren hatte die Donauwelle sowieso nicht mehr so eine Resonanz", erklärt Herr Raimann.

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Beim Altwiener Traditionscafé handelt es sich ohnehin ganz für sich betrachtet um ein kulturelles Juwel, das es angesichts des relativ rasanten Kaffeehaussterbens bzw. des weit verbreiteten Zu-Tode-Renovierens solcher Institutionen zu erhalten gelte. Und immerhin feiert das "Raimann" im nächsten Jahr sein 90-jähriges Bestehen.

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Gegründet wurde das Café 1918 von einem gewissen Herrn Schober, der es bis zum Kriegsende geführt hat. Während der Besatzungszeit wurde es in ein englisches Postamt umfunktioniert, wie Leo Raimann berichtet. Nach einer naturgemäß notwendigen Renovierung konnte das Lokal durch Herrn Schober weiter betrieben werden, der es 1962 an die Familie Raimann verkauft hat.

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Im Wesentlichen erfolgte seit dieser Zeit keine gröbere Restaurierung, zumindest nicht den Stil betreffend. "Wir haben es so belassen, wie es war, nur gediegener gestaltet. Der Parkettboden musste neu gemacht werden, die Holztäfelungen und die Tische. Die alten Kleiderständer wurden durch Thonet-Garderoben ersetzt, genauso die Seitenlampen ausgetauscht", erzählt der Chef.

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Als sein Vater starb, führte Leo Raimanns Mutter das Kaffeehaus mithilfe ihres Sohnes weiter, der hauptberuflich als Autohändler und Taxiunternehmer tätig war. "Als auch meine Mutter altersbedingt aufhören musste, war die Übernahme für mich nur logisch", sagt er. Genauso selbstverständlich wie das anfängliche Festhalten an einem Familienbetrieb. Während der Chef selbst Einkäufe und Buchhaltung erledigt, sorgen Frau Martina, mittlerweile seit dreizehn Jahren im Betrieb, und Kellner Günther für das Wohlergehen der Gäste.

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Wenn gleich klassische Hausmannskost und Fleischgerichte auf der Speisekarte überwiegen, kommen auch VegetarierInnen zum Genuss. Penne mit Basilikum-Tomatensauce, geröstete Knödel oder Eiernockerl sind gute Alternativen. Und auch die typischen Wiener Mehlspeisen wie Milchrahm – und Apfelstrudel, Sacherschnitte, Mohr im Hemd u.a. sind zu empfehlen.

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Drei verschiedene Frühstücke und Tagesteller zu moderaten Preisen sowie eine Auswahl an guten und günstigen Weinen erfreuen Gaumen, Magen und Brieftasche. Vom wohlig altmodischem Kaffeehaus-Ambiente ganz zu schweigen.

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Café Raimann
Schönbrunner Straße 285
A-1120 Wien
Tel.: ++43 (0) 1 813 57 67

Öffnungszeiten
Di – Sa: 08:00 – 02:00
So:17:00 – 02:00

Text: Dagmar Buchta
Fotos: Gudrun Ostermann

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