Adam Radcliffe in der Schule: Der britische Fußball-Attaché will 2008 bei der EURO sprachliche Missverständnisse vermeiden.

Foto:Lützow

Salzburg/Wien - Der vom "IFK-Deutschkurse Salzburg" ausgearbeitete Schulsprint dauerte zwei Wochen. Vormittags vier Stunden Unterricht in der Klasse, nachmittags Fachgespräche mit Salzburger EURO-Verantwortlichen, abends Kulturprogramm, organisiert von jener älteren Lady, die Adam Radcliffe Kost, Logis und Konversation bot.

"Deutsch denken, essen und schlafen", damit präparierte sich der 40-Jährige für seine Mission im Juni 2008, für die konsularische Betreuung der britischen Fans bei der EURO. Das wird, je nach Qualifikations-Erfolg der Mannschaften von der Insel, kein kleines Unterfangen.

"Wenn England dabei ist, rechnen wir mit bis zu 100.000 Fans, die nach Österreich und in die Schweiz reisen." Radcliffe, eigentlich britischer Vize-Konsul in Österreich, aber derzeit offizieller Fußball-Attaché des Foreign Office, würde sich natürlich auch über zu betreuende Schotten, Waliser und Nordiren freuen. Welcher Nationalmannschaft er die Daumen drückt, braucht man den dreifachen Familienvater aus Newick/West Sussex gar nicht fragen. Die Antwort würde, no na, eine diplomatische sein. 19 Jahre beim Verein, davon zehn im konsularischen Dienst, machen da schon ziemlich sattelfest.

Einen britischen Fußball-Attaché gibt es seit der EM 2000 in Belgien und den Niederlanden, Radcliffe selbst hat bei der EURO 2004 in Portugal und bei der WM 2006 in Deutschland Erfahrung mit der Betreuung britischer Fußball-Reisender gesammelt. "Die Sportfans sind durch billige Flüge sehr mobil geworden. Was wir von der Botschaft für sie tun können, ist unser täglich Brot." Also Hilfestellungen in allen möglichen Bereichen. "Wenn jemand seinen Pass verloren hat, Orientierungsprobleme auftreten, medizinische Betreuung notwendig wird." Dafür werden Kontakte zu Behörden und Einrichtungen geknüpft, die neu erworbenen Deutschkenntnisse helfen ungemein. Und auch abseits des Sports gesammelte Erfahrung. "Ich war in Thailand nach dem Tsunami eingesetzt und hatte nach dem Hurrikan ,Katrina' in New Orleans zu tun."

Solcherart vorgebildet, hofft er auch mit Problemen disziplinärer Natur fertig zu werden. "Eine meiner Aufgaben ist es auch, Fans, die wegen ihres unzivilisierten Verhaltens Probleme mit der österreichischen Polizei bekommen haben, zu unterstützen." Einschlägig gewirkt hat der allgemein sportbegeisterte Diplomat, der privat dem League-One-Verein Huddersfield Town anhängt ("Ich habe in Huddersfield studiert, Hotelmanagement.") in der Vorsaison beim Europacupspiel zwischen Red Bull Salzburg und Blackburn, als er einen renitenten Rovers-Fan aus dem Gefängnis holte.

Das Wort Hooligans vermeidet Radcliffe, für ihn gibt es nur die Fans, mit deren Organisationen er in Kontakt steht. Eine Art Test für die EURO wird Englands Gastspiel am 16. November im Happel-Stadion. "Davor gibt es ein Fan-Treffen mit einem Fußballspiel." Er organisiert es gemeinsam mit dem Fußballmagazin ballesterer und der FIFA- und UEFA-unterstützten Organisation FairPlay.

Für alle Aktivitäten gebietet Radcliffe über eine kleine Gruppe von Mitarbeitern. "Unser Head Office während der EURO wird in Wien sein, aber es wird auch eine Außenstelle in Salzburg geben." Der Kontakt mit dem in Bern zuständigen Kollegen ist eng. Nach Ansprechpartnern in anderen Botschaften wird noch gefahndet. "Wir wollen einen Erfahrungsaustausch organisieren, wenn feststeht, welche Nationen sich qualifizieren."

Bei der EURO wird Fußball-Fan Radcliffe kaum Spiele sehen. "Wir sind in den Fanzonen und auch in den Stadien präsent, aber zuschauen können wir nicht. Zu viel zu tun." (Sigi Lützow, DER STANDARD Printausgabe 22.10.2007)