Sollte das Urteil rechtskräftig werden, bedeutete dies das Ende von Horngachers Polizeikarriere, weil Strafen im Ausmaß von ab einem Jahr in der Regel zum Ausscheiden aus dem Dienst führen. Der Anwalt Horngachers, Richard Soyer, legte gegen das Urteil volle Berufung ein.

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Wien - Am Ende des fünften Verhandlungstages fällte der Schöffensenat im Wiener Straflandesgericht das Urteil im Prozess gegen den suspendierten Polizeigeneral Roland Horngacher: 15 Monate bedingt wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses in zwei Fällen. Vom Vorwurf der unerlaubten Geschenkannahme durch Beamte wurde er freigesprochen.

Richter: Er hat oft die Unwahrheit gesagt

Richter Roland Weber fand in seiner Begründung harte Worte: "Letzten Endes war dem Angeklagten nicht viel Glauben zu schenken. Er hat oft die Unwahrheit gesagt", begründete er die Entscheidung. Zwar liege nicht "schwere Korruption, schwerer Amtsmissbrauch vor", aus generalpräventiven Gründen sei es aber "ganz, ganz unabdingbar gewesen, eine strenge Strafe zu verhängen", sagte der Richter. Und: "Gerade bei den derzeitigen Zuständen in der Wiener Polizei muss entsprechend gezeigt werden, dass solche Handlungsweisen einfach nicht gehen".

Berufung

Horngachers Anwalt Richard Soyer legte volle Berufung ein und zeigte sich optimistisch hinsichtlich der nächsten Instanz beim Obersten Gerichtshof: "Noch ist nicht aller Tage Abend." Sollte das Urteil jedoch Rechtskraft erlangen, wäre die Folge für Horngacher hart: Der 47-Jährige würde sein Amt automatisch verlieren.

Reaktionen

Der ehemalige General für öffentliche Sicherheit, Michael Sika, sagte am Rande der Sicherheitstagung in Leogang: "Das ist ein schlechtes Urteil für die Polizei, weil es die Polizei in unverdient schlechtem Licht erscheinen lässt."

Vom suspendierten Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung Ernst Geiger, Horngachers Konkurrent, war "kein Kommentar" zu hören. Seitens des Wiener Polizeipräsidenten Peter Stiedl hieß es: "Es ändert sich durch das Urteil vorläufig dienstrechtlich überhaupt nichts, weil es noch nicht rechtskräftig ist."

Sittenbild

Der Prozess hatte nicht zuletzt ein Sittenbild der Wiener Polizei gezeigt - und den verschlungenen Beziehungen einiger mächtiger Unternehmer mit wichtigen Polizeibeamten. Im Zentrum des Interesses stand zuletzt der "Verein der Freunde der Wiener Polizei". Der Besitzer eines Nachtlokals, ein Milliardär, ein Waffen-Lobbyist, ein Bankier und ein früherer Botschafter Kasachstans sollen, laut Falter, zu den Spendern gehören, die den "Verein der Freunde der Wiener Polizei" immer wieder finanziell bedachten. Insgesamt 214 Namen umfasst die Spenderliste, die der Wiener Stadtzeitung vorliegen.

Die Polizei-Hilfsorganisation, die der ehemalige Bundespräsident Thomas Klestil einst eine "Pioniertat" nannte, wurde von der Gemeinde Wien von 1991 bis 1996 mit bis zu 726.725 Euro pro Jahr subventioniert, wie aus einem Kontrollamtsbericht hervorgeht.

Bawag-Anfragen

Der pensionierte Vereinskassier Adolf K., der insgesamt unter vier Wiener Polizeipräsidenten diente, rückte am letzten Verhandlungstag in den Mittelpunkt des Interesses. Er soll persönlich Gutscheine an Polizeibeamte übergeben haben - warum, ist unklar. Auch Horngacher hatte K. Reisegutscheine überbracht. Vom Vorwurf der verbotenen Geschenkannahme war Horngacher allerdings freigesprochen worden.

Am letzten Prozesstag drehte es sich aber vor allem um angeblich an Horngacher gerichtete Anfragen der Bawag über den Leumund potenzieller Geschäftspartner - so auch um die gemäß Anklage von der Bank an Horngacher gerichtete Anfrage, ob gegen den serbischen Geschäftsmann Bogoljug Karic etwas vorliege, die Horngacher am 3. Juli 2005 mit einem Nein beantwortet haben soll.

Wie Heinz Nohel, der frühere Großkundenbetreuer der Bawag, erklärte, sei dies auf Veranlassung des damaligen Bawag-Vorstands Peter Nakowitz geschehen. Er habe dabei ein ähnliches, ebenfalls an Horngacher gerichtetes Schreiben aus dem Jahr 2001 "als Vorlage genommen", bemerkte Nohel.

Horngacher soll seinerzeit versichert haben, gegen Michael Chernoy, den Mehrheitseigentümer der bulgarischen mobilTel, liege nichts vor, worauf der Investor Martin Schlaff diesem seine Anteile mit einem Bawag-Kredit abkaufte. Vier Jahre später ging es um die serbische Mobtel, die eine Investorengruppe um Schlaff erwerben wollte, wobei neuerlich die Bawag diesen Kauf finanzieren sollte.

Recherchen für die Bawag

Horngacher hatte bestritten, im Jahr 2005 für die Bawag Recherchen betrieben und ein Antwortschreiben verfasst zu haben. Am Dienstagnachmittag präsentierte Richter Roland Weber jedoch das Gutachten eines Schriftsachverständigen, wonach es "keinen Zweifel" gebe, dass die Unterschrift auf dem Papier von Horngacher stamme.

Schulterzucken

Daraufhin wollte Horngacher am Mittwoch nicht mehr die Urheberschaft ausschließen. Auf das Gutachten angesprochen sagte er mit Schulterzucken: "Wenn der Sachverständige sagt, es war so ...".

Adolf K. behauptete, der damalige Bawag-General Elsner habe ihm im Jahr 2000 erstmals zwei Ruefa-Reisegutscheine in der Höhe von jeweils 20.000 Schilling übergeben. In den Folgejahren sei Horngacher immer wieder von Elsner beschenkt worden, ohne es zu ahnen, sagte der Zeuge. Er habe Horngacher nichts von der Herkunft der Reisegutscheine gesagt: "Ich wollte ihn nicht in die Situation bringen, dass man sagt, er kriegt etwas von der Bawag oder Elsner." (APA, red/ DER STANDARD Printausgabe 19.10.2007)