Bild nicht mehr verfügbar.

Der türkische Präsident Abdullah Gül (li.) Seite an Seite mit seinem syrischen Kollegen al-Assad am Mittwoch in Ankara. Syrien unterstützt einen möglichen Einsatz im Nordirak.

Foto: AP
Der türkische Premier Erdogan kann der Armee nun ohne weitere Konsultationen einen Einmarsch in den Nordirak befehlen, um dort die Kurden-Rebellen der PKK zu bekämpfen. Irakische Spitzenpolitiker versuchen hektisch, die Türkei davon abzubringen.

***

Das türkische Parlament hat am Mittwoch wie erwartet die Regierung ermächtigt, Militäroperationen im Nordirak anzuordnen. Für ein Jahr lang wird Premier Recep Tayyip Erdogan nun ohne weitere Konsultationen des Parlaments dem Militär einen Marschbefehl geben können, um die kurdischen PKK-Rebellen in ihren Stützpunkten im Nordirak zu bekämpfen.

Lediglich die Fraktion der kurdischen DTP stellte sich gegen einen möglichen Militärschlag. Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen mit der PKK 1984 sei die türkische Armee 24-mal über die Grenze in den Nordirak gegangen, ohne die Guerilla dadurch besiegen zu können, sagte der Abgeordnete Mehmet Demirtas zur Begründung. Das einzige Ergebnis des nächsten Einsatzes werde eine Schwächung der Demokratie sein und ein weiterer ökonomischer Niedergang im Südosten. Die oppositionelle CHP und die rechtsradikale MHP erklärten ihre Unterstützung für den Antrag.

Nicht ganz überraschende Unterstützung erhielt Ankara gestern auch von Syrien. Präsident Bashar al-Assad weilte zeitgleich zu der Parlamentsitzung in Ankara und erklärte, er könne die Haltung der Türkei verstehen. Die Türkei habe ein Recht sich zu verteidigen.

Kein sofortiger Einsatz

In Ankara rechnet allerdings niemand mit einem sofortigen Einmarsch. Die irakische Regierung versuchte zuletzt hektisch, die Türkei von einem Einsatz abzubringen. Nachdem am Dienstag Vizepräsident Tarik al-Hashimi in Ankara eingetroffen war, schaltete sich am Mittwoch Regierungschef Nuri al-Maliki per Telefon direkt ein. Beide baten um mehr Zeit für ein koordiniertes Vorgehen gegen die PKK, Maliki soll sogar eine irakisch-türkische Militäroperation angeboten haben.

Iraks Staatspräsident, der Kurde Jalal Talabani, ließ von Paris aus verlauten, er hoffe, dass Erdogan klug genug sei, von einem Militäreinsatz abzusehen. Die Nato mahnte zur Mäßigung. Der entscheidende Mann, der Präsident der kurdischen Regionalregierung Masud Barzani, blieb aber stumm. Premier Erdogan wird nun am 5. November nach Washington reisen, um dort mit US-Präsident Bush über Maßnahmen gegen die PKK zu reden. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul/DER STANDARD, Printausgabe, 18.10.2007)