Foto: Standard/Cremer
"Alles, was kein Schaf ist, geht da hinten weg", bat der Fotograf. Das galt ausdrücklich nicht für Frau Knoll. Manche Journalisten haben dieses Bild noch im Kopf. Jenes aus dem Jahr 1998, als die karenzierte evangelische Superintendentin Wahlkampf betrieb und ihr Tross sich in Inszenierung versuchte. Knoll stakste auf einem Biobauernhof in roten High Heels über eine Wiese und versuchte, Schafen den Kopf zu tätscheln.

Sie war zu den Bundespräsidentschaftswahlen angetreten. Ihre Gegner: Thomas Klestil, Heide Schmidt und Richard Lugner. Knoll kam immerhin auf 13,5 Prozent - ein Achtungserfolg. Sie kehrte dennoch in den Schoß der Kirche zurück, vorerst.

Neun Jahre später ist die 48-jährige Oberösterreicherin tatsächlich in der Politik angelangt: Sie übernimmt das Mandat von Caspar Einem und zieht als Abgeordnete für die SPÖ in den Nationalrat ein. Es war ein langer Weg dorthin.

Nach der Präsidentschaftskandidatur nahm Knoll wieder ihre Funktion als Superintendentin im Burgenland wahr - und wurde nicht nur wegen ihres Engagements gegen Ausländerfeindlichkeit heftig angefeindet. Knoll predigte die Zivilcourage, erhielt dafür zahlreiche Preise und sah sich im Jahr 2000 nach der Bildung einer schwarz-blauen Koalition veranlasst, bei Demonstrationen gegen die Regierung aufzutreten. 2002 legte sie ihr Amt im Bischofsrang schließlich zurück. Alfred Gusenbauer holte sie im Wahlkampf in sein "Kabinett des Lichts" und pries sie als künftige Sozialstaatssekretärin an. Die SPÖ verlor die Wahl, die Theologin Knoll stand auf keiner Liste, hatte also weder ein Mandat noch einen Job. Aber drei Kinder. Die SPÖ fing sie auf und übertrug ihr die Leitung der parteieigenen Zukunfts- und Kulturwerkstätte. Auch André Heller soll zur Seite gestanden haben.

2004 ließ sich Knoll nach 27-jähriger Ehe von ihrem Mann, einem evangelischen Pfarrer, scheiden. Die drei Kinder blieben bei ihr. Politisch war von ihr kaum noch etwas zu hören. Das SPÖ-Pensionsvolksbegehren, dessen Sprecherin sie war, blieb deutlich unter den Erwartungen.

Knolls Begeisterung für die SPÖ war abgeflacht, und umgekehrt erging es der Partei mit ihr nicht viel anders. Beide hatten sich mehr voneinander erwartet. 2005 wurde sie immerhin noch Bundesrätin - in aller Stille, und still blieb es.

Schließlich kam die freudige Nachricht, nicht politisch, aber privat: Sie und Ferdinand Lacina, der ehemalige Finanzminister, seien ein Paar.

Bei der Regierungsbildung im Jänner kam Knoll wieder nicht zum Zug, das war Gusenbauer offenbar nicht einmal mehr eine Überlegung wert. Dass sie jetzt wenigstens einen Sitz im Parlament bekommt, sei der Fürsprache von Caspar Einem zu verdanken: Ein guter Mensch hilft einem guten Menschen. (Michael Völker/DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2007)