Bild nicht mehr verfügbar.

Chronische Schmerzpatienten sind eine medizinische Herausforderung. "Insgesamt haben knapp ein Viertel der in Österreich lebenden Menschen chronische Schmerzen. In der Gruppe der über 50-Jährigen sind es sogar 43 Prozent," fasst Michael Bach, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), ein zentrales Ergebnis der aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IMAS zusammen.

Soziodemografisch gesehen

"Differenziert man nach dem Geschlecht so zeigt sich, dass 18 Prozent der Männer, jedoch 28 Prozent der Frauen von chronischen Schmerzen betroffen sind," so Bach weiter: "Schmerz korreliert aber auch mit dem Ausbildungs-Grad und dem Einkommen." 17 Prozent der Menschen mit Matura- oder Universitäts-Abschluss leiden an chronischen Schmerzen, eine Zahl, die bei Menschen mit Volks- oder Hauptschulabschluss auf 31 Prozent ansteigt.

In der Bevölkerungsgruppe mit Monatseinkünften über 2400 Euro sind 14 Prozent von Schmerzen betroffen, bei jenen mit weniger als 1500 Euro sind es 36 Prozent.

Therapeutische Herausforderung

Systematische Schmerzmessung im Spital, interdisziplinäre Schmerzdienste und neue Medikamente sind die Herausforderungen der modernen Schmerzmedizin. "Insgesamt sind Wissen und Bewusstsein über die verschiedensten Schmerzformen und deren Therapie bei den Spezialisten in den letzten Jahren enorm gewachsen, ebenso wie das Instrumentarium, das uns zur Schmerzbekämpfung zur Verfügung steht," so Wilfried Ilias, Vorstand der Abteilung für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien.

Neues Schneckengift-Medikament

Ziconotid, ein auf einem modifizierten Schneckengift beruhendes Medikament, bietet bessere Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit schweren, sonst kaum behandelbaren Schmerzen: "Das Medikament zählt seit der Entdeckung des Morphins vor 200 Jahren zu der ersten wirklich neuartigen Substanzgruppe für die Therapie stärkster Schmerzen und erzielt beste Erfolge", so Ilias.

Neue Freisetzungsform

Weiters ermögliche laut Ilias eine neue Freisetzungsform der Substanz Hydromorphon HCl eine Gleichmäßigkeit des Wirkspiegels über 24 Stunden. "Dies gelingt durch eine Hohl-Tablette, in welche mittels Laser eine mirkoskopisch kleine Öffnung gebort wurde, durch die der Wirkstoff, welcher mit einem Quellmittel in diesen Hohlraum eingeschlossen ist, kontinuierlich ausgepresst wird“, erklärt der Experte.

Schwache Opioide

Auch bei schwachen Opioiden haben Änderungen der Darreichungsform neue Zugänge zur Therapie eröffnet, "So können Patienten tagsüber mit einer höheren Dosis und in Ruhephasen, wenn der Schmerz einen niedrigeren Pegel hat, mit einer absinkenden Dosis des Medikamentes versorgt werden. Das bedeutet eine Vermeidung unnötig hoher Wirkspiegel während der Ruhephasen und damit auch eine Verminderung des Nebenwirkungpotenzials."

Alternativen zur Operation

Neue therapeutische Optionen gibt es auch auf dem Gebiet der minimal-invasiven Techniken zur Behandlung von frischen Bandscheibenvorfällen. "In vielen Schmerzzentren wird in diesen Fällen seit kurzem die so genannte Ozonnukleolyse durchgeführt. Das durchblutungsfördernde und entzündungshemmende Gas wird direkt in den Kern der Bandscheibe gespritzt", beschreibt Ilias die neue Methode. "Die Operation verläuft in 50 bis 70 Prozent der Fälle erfolgreich und stellt eine schmerz- und aufwandsarme Alternative zur Operation dar."

"Intelligente" Pflaster

Im Bereich der postoperativen Schmerztherapie gibt es seit kurzem eine neue Applikationsform eines Medikaments – ein iontophoretisch anzuwendendes Pflaster, das es Patienten erlaubt, sich bei Bedarf selbst eine Dosis des Schmerzmedikaments zu verabreichen. Die Iontophorese ist ein medizinisches Verfahren zur Resorption von Arzneistoffen durch die Haut unter Anwendung eines schwachen elektrischen Gleichstromes.

Probleme mit der Therapietreue

Was jedoch trotz der zahlreichen innovativen Methoden ein Problem bleibe, sei die Compliance, also die Therapietreue der Schmerzpatienten, weiß Ilias aus Erfahrung. "Die besten Medikamente können nicht wirken, wenn sie nicht wie vorgesehen eingenommen werden. Hier gilt es nach wie vor, Aufklärungsarbeit zu leisten und sich intensiv mit den Patienten auseinanderzusetzen." (red)