Wie bereits konstatiert, ist Networking nicht unter allen Bedingungen ein Karriereturbo. Ein Grund, das Thema vertieft zu betrachten: Wie sollte der Turbo abgestimmt sein, damit er den Karriereschub bringt? Die Bedeutung breit gefächerter Netzwerke wurde genannt und wird auch durch Studien belegt (etwa von Ronald Burt oder Mark Granovetter). Wenn es um die eigene Karriere geht: besser losen Kontakt zu vielen Personen (möglichst aus unterschiedlichen Bereichen) als intensive Kontaktpflege zu jenen Leuten aus dem beruflichen Umfeld, die einem am Herzen liegen.

Zur Herzensangelegenheit sollte die Kontaktpflege aus Karrieresicht ohnedies nicht werden. Im Rahmen des Vienna Career Panel Project wurden neben WirtschaftsakademikerInnen auch berufstätige Personen aus unterschiedlichen Bereichen zu ihrem karrieretaktischen Verhalten befragt. Auf Basis der Angaben zum Beruf konnten sie mehrheitlich einer von drei Karriereebenen zugeordnet werden: 1) keine Führungstätigkeit (z. B. Sachbearbeiter, Verwaltungsangestellte); 2) mittleres Management (z. B. Product Manager, Projektleiter); 3) Top-Management (z. B. Geschäftsführer).

Eine der identifizierten Karrieretaktiken repräsentierte ein Verhalten, das als Beziehungsopportunismus bezeichnet werden kann: intensives Bemühen um potenziell karriereförderliche Personen bei bewusstem Vernachlässigen der Kontakte, die keinen beruflichen Nutzen versprechen.

"Die Guten ins ..."

Populär war dieses Verhalten nicht: Die Befragten bekannten sich im Schnitt eher zurückhaltend dazu. Dafür zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den "Erfolgsgruppen". Die Befragten aus dem Top-Management wiesen hier höhere Werte auf als die 2. Ebene, die wiederum mehr Beziehungsopportunismus zeigte als die 1. Ebene.

Die Schlussfolgerung, dass dieses Verhalten den höheren Erfolg bewirkt, ist unseriös. Aber schaden tut selektives Networking nach dem Motto "Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen" anscheinend auch nicht. Dass gut auch "nützlich, aber unsympathisch" und schlecht auch "liebenswert, aber nicht wichtig genug" bedeuten kann (und was sich daraus für das soziale Wohlbefinden ergibt), steht auf einem anderen Blatt. (Michael Schiffinger, Der Standard, Printausgabe 13./14.10.2007)