Katze im Sack ist die Ikone des amerikanischen expressiven Tanzes, also Martha Graham – in Gestalt von Robert Steijn, der sich durch die Ballerina bohrt und schwarz verschleiert vor einer Spiegelwand die Diva mimt. Begleitet von Hymnen der devoten Muse (herrlich: Poelstra) zelebriert Steijn die Ikone, wie sie eine neue Tanzsprache kreißt: "Sie transformiert die Essenz des Tanzes. Sie glaubt, wenn sie tanzt, berührt sie die andere Seite..." – des Spiegels. Das Jenseits.
Mit Grandezza und getragen von Martin Siewerts souveräner Musikalität lösen die beiden in Wien und Holland ansässigen Performer im Festivalzentrum eine delikate Aufgabe. Indem sie den masturbatorischen Essenzialismus der Tanzmoderne, wie Graham ihn mit Inbrunst verkörperte, in seinem ganzen hohlen Pathos entlarven, treffen sie kollateral auch den schwülstigen Ton, das autoritäre Gehabe und den Geniekult des Modernismus im Allgemeinen. "Der Tanz ist eine Frau", lässt die Muse ihre Graham hochleben. "Er gibt der Vagina eine Stimme." Und es erschallt: "O Vagina, bring mir das Tanzen bei!" Poelstra und Steijn üben den Ovarientanz. Doch die Aura der Künstlerin zerbricht, am Ende bleibt eine inkontinente Ruine. Am Ende ist Martha gestorben – und wird wieder erweckt.
Der Hinweis auf Untertanengeist und Eitelkeit, die im Kunstkontext so verbreitet sind wie anderswo, ist eine politische Ebene in feminine delight. Eine zweite der Hinweis auf die Fragwürdigkeit von Paternalismus und Elternmord in den Generationenfolgen der Kunst. Und die dritte die Selbstauflösung der beiden Helden am Ende von feminine delight. Poelstra und Steijn schaffen es, die Demontage ihrer Figuren mit Empathie zu betreiben und in der sehr persönlichen Umarmung ihres Themas Distanz zu wahren.