Caspar Einem, Sohn des Komponisten Gottfried von Einem, wurde 1948 geboren und war von 1995 bis 1997 Innenminister, danach bis 2000 Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr der Republik Österreich.

Wien – Für die SPÖ ist auch der Zeitpunkt heikel: Caspar Einem, Paradelinker und kritischer Geist in seiner Partei, verlässt die Politik auf dem Höhepunkt einer Auseinandersetzung um Abschiebungen und Bleiberecht, in einer Situation, in der die SPÖ versucht, den Raum nach rechts dichtzumachen. Aber, so wird eifrig versichert, mit der Ausländerpolitik der SPÖ habe Einems freiwilliger Ausstieg aus der Politik rein gar nichts zu tun. Für Einem selbst ist es schlicht der „richtige Zeitpunkt“, eines aus einer Reihe interessanter Angebote anzunehmen.

Einem scheidet mit Ende Oktober aus dem Nationalrat aus, er wird Vorstandsmitglied im Bedarfsflugunternehmen Jetalliance AG, einer früheren Tochter von Magna International. Der 59-Jährige soll sich dort um Personal, Strategie und Projektentwicklung kümmern.

Knoll folgt als Abgeordnete

Nachfolger von Einem im Nationalrat wird die bisherige Bundesrätin Gertrud Knoll. Entsprechende Berichte vom "Kurier" und "Österreich" wurden am Wochenende seitens der SPÖ bestätigt. Für Knoll wiederum zieht Bundesgeschäftsführer Josef Kalina in die Länderkammer des Parlaments ein.

Die Funktion des außenpolitischen Sprechers dürfte Andreas Schieder von Einem übernehmen. Wer dem scheidenden SPÖ-Abgeordneten als stellvertretender Klubchef nachfolgt, wird in einer der nächsten Klubsitzungen geklärt.

Keine Abrechnung

Einem ist einer der profiliertesten Politiker der SPÖ, wurde dort aber nicht gerade auf Händen getragen. Zuletzt verlor er auch seine Funktion als Europasprecher. Immerhin war er noch außenpolitischer Sprecher (als der ihm Andreas Schieder nachfolgen wird) und stellvertretender Klubchef seiner Fraktion. Am Donnerstagabend teilte er der Parteispitze seinen Rückzug mit, und er ist so loyal, diesen Schritt nicht für eine Abrechnung mit der SPÖ zu nützen.

Den Höhepunkt seiner politischen Karriere erlebte Einem 1995, als er von Bundeskanzler Franz Vranitzky zum Innenminister bestellt wurde, als Nachfolger von Franz Löschnak – für viele in der Partei und erst recht in der Polizei ein Kulturschock. Ein ehemaliger Bewährungshelfer als Chef der Exekutive. Und der Polizeiapparat wehrte sich nach Kräften. Mit dem damaligen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Michael Sika, wichtigster Mann im Ministerium, pflegte Einem eine ausgeprägte Feindschaft. Die offene Ablehnung durch einen großen Teil des Polizeiapparates band Einem schließlich die Hände.

Und fast wäre seine politische Karriere schnell wieder zu Ende gegangen. Einem hegte ganz offen Sympathie mit der damals sehr aktiven Hausbesetzerszene. Die dankte ihm dieses Engagement, indem sie mit dem Erlagschein einer Spende hausieren ging. Einem hatte das TATblatt, Organ der linken Hausbesetzerszene und unter Beobachtung der Staatspolizei, finanziell unterstützt. Was fast zu seinem Rücktritt führte. Einem ging schließlich selbst an die Öffentlichkeit, seine Position bei der Polizei war nachhaltig beschädigt.

Das war zu jener Zeit, als Österreich von den Briefbombenattentaten erschüttert wurde – und die polizeilichen Ermittlungen unter Innenminister Einem im Nichts verliefen. Auch Einems Stiefmutter Lotte Ingrisch wurde damals eine Briefbombe zugesandt, die bei der Untersuchung durch die Beamten detonierte. Erst unter Einems Nachfolger Karl Schlögl wurde Franz Fuchs gefasst.

1997 wechselte Einem ins Wissenschafts- und Verkehrsministerium, dort blieb er drei Jahre, bis 2000 schließlich Schwarz-Blau an die Macht kam.

Flügelkämpfe

Als Viktor Klima als SPÖ-Chef zurücktrat, galt Einem als der Hoffnungskandidat der Parteilinken. Aus dem Flügelkampf mit Karl Schlögl ging als Kompromisskandidat aber schließlich Alfred Gusenbauer als Sieger hervor. Und Einem blieb einfacher Abgeordneter, von der Partei als Intelektueller immer wohlgelitten, aber nie wirklich geliebt.

2005, als sich die SPÖ daran machte, gemeinsam mit der schwarz-blau-orangen Regierung das große Fremdenrechtspaket zu beschließen, begehrte Einem noch einmal auf, äußerte intern vehement seine Kritik, blieb nach außen hin aber verhalten – und der entscheidenden Sitzung gemeinsam mit drei anderen Abgeordneten schließlich aus „Krankheitsgründen“ fern.

Dass Einem zur Jetalliance AG geht, wundert viele, dass er jetzt geht, nicht. (Michael Völker/red/DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2007)