Für Michael Blass, Chef der Lebensmittelindustrie, ist die Reaktion der beiden Konzerne symptomatisch für die Branche. "Die Bissigkeit im Handel ist gewaltig."

Foto: Ottakringer
Wien – Der Einstieg der Wiener Brauerei Ottakringer in die Regale der Diskontkette Hofer bekommt einen herben Nachgeschmack. Wie in der Brauereibranche vermutet, stößt Spar und Rewe der neue Absatzkanal von Ottakringer bitter auf.

Rewe zögert nun nicht lang und listet Teile des Sortiments der Brauerei aus. Wenn Hofer Ottakringer-Bier führe, dann verändere das den Markt, sagt Rewe-Konzernsprecherin Corinna Tinkler. "Wir wollen keine Marktanteile verlieren, also müssen wir reagieren."

Es handle sich dabei um keine Auslistung und sicher keine Strafaktion, betont Tinkler. Rewe nehme nur das Randsortiment von Ottakringer – etwa die Radler – aus ihren Regalen. An umsatzstarken Produkten wie "Null Komma Josef", "Ottakringer Helles" und "Gambrinus" werde nicht gerüttelt.

Es gebe im Handel laufend und in allen Warengruppen eine Optimierung des Sortiments, sagt Tinkler. "Wir haben keine Regale aus Gummi."

Spar will sich bei seinen Gesprächen mit den Bierlieferanten nicht in die Karten blicken lassen, die Botschaft der Handelskette ist dennoch unmissverständlich. "Ein Lieferant muss sich überlegen, ob er auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen kann", lässt Konzernchef Gerhard Drexel über seine Sprecherin ausrichten.

Für Michael Blass, Chef der Lebensmittelindustrie, ist die Reaktion der beiden Konzerne symptomatisch für die Branche. "Die Bissigkeit im Handel ist gewaltig." Das Vorgehen sei eine Unsitte, die sich die Ketten nicht abgewöhnen könnten, sagt er zum STANDARD.

Unsittliche Spielregeln

Mit Ottakringer vergleichbare Fälle gibt es viele. Rewe etwa setzte vor rund zwei Jahren Lieferanten ihrer Biomarke "Ja!Natürlich" vor die Türe. Weil diese auch Spar beliefert hatten, ist aus der Branche zu hören. Auch im Möbelhandel war von ähnlichen Spielregeln bei Lutz und Kika die Rede.

Ottakringer füllt für Hofer wie berichtet unter einem neuen Label ab. Eine Verwechslungsgefahr zu den Sortimenten bei Rewe und Spar bestehe nicht, hieß es aus dem Konzern, Hofer sei zu behandeln wie andere Kunden auch.

"Eine starke Marke ist überall stark", meint Blass, "es gibt keinen Grund, sie nicht über verschiedene Kanäle zu vertreiben." Hofer selbst will sich zu seinem neuen Bierpartner nicht äußern. Brauereien meinen, dass der Diskonter spät aber doch seine Schwachstelle beheben musste. Denn anders als bei Fleisch oder Gemüse hinke Hofer bei Bier den anderen Ketten hinter her.

In Österreich schlägt sich die Lebensmittelindustrie mit den Grabenkämpfen des Handels herum – im Ausland stößt die Branche scheinbar auf weniger Hürden. Ihre Exporte zogen im ersten Halbjahr um 4,3 Prozent auf 3,5 Mrd. Euro Umsatz an. Bereits im Vorjahr gab es Ausfuhren in Rekordhöhe.

Der starke Euro schlägt auf Nahrungsmittelexporte bisher kaum durch. Für Druck sorgen aber die teuren Rohstoffe. Michael Blass sieht hier das Ende der Fahnenstange lange nicht erreicht. Die Entwicklung der steigenden Preise nehme erst ihren Anfang, der Handel verhandle mit der Industrie laufend über Preisanpassungen. Der Eigendefinition von Spar-Chef Drexel, der sich als Robin Hood bezeichnete, der ungerechtfertigte Preiserhöhungen abwehrt, kann er nichts abgewinnen. "Robin Hood hat von jenen genommen, die was hatten. Der Industrie kann man nichts mehr wegnehmen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.10.2007)