In Tschetschenien, glaubt der Aktivist bis heute, liegen auch die Gründe für den Mord an Politkowskaja. Sie hatte in der Zeitung Nowaja Gaseta immer wieder mit Enthüllungsgeschichten über den Krieg in der Kaukasus-Republik für Aufsehen gesorgt, bis sie am 7. Oktober 2006 vor ihrem Haus erschossen worden war.
Auf der Liste der getöteten Journalisten, die Simonows Glasnost-Stiftung führt, ist Politkowskja die 211te, seit 1993. Aber im Gegensatz zu ihrem Tod würden viele Journalisten-Morde in Russland gar nicht als solche deklariert, sondern meist als Unfälle abgetan, führte Simonow auch am Montag bei einer Veranstaltung des Wiener Kreisky-Forums zu Ehren Politkowskajas aus. Ob erschossen, erschlagen, erstochen oder bei einem rätselhaften „Unglück“ getötet – die Täter bleiben meist unbekannt. Wie auch die Gründe für den Mord: „Die meisten Journalisten werden ja für Dinge zum Schweigen gebracht, die sie noch nicht veröffentlicht haben.“
Doch nicht nur die Journalisten selbst, sondern auch Organisationen wie Simonows Glasnost-Stiftung, die sich um deren Schutz bemühen, kommen zunehmend in Bedrängnis. Die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland, vor allem großer US-Institutionen, für Menschenrechtsorganisationen lasse nach. „Sie wollen, dass wir ‚konstruktiver‘ sind – was heißt: offiziell akzeptierte Resultate zu erzielen, die sich aus der Zusammenarbeit mit Regierungsstellen ergeben“, sagt Simonow.