Studentenverbindungen stehen in dem Ruf, dass sie das Bier vor allem verwendeten, um sich sinnlos zu besaufen. Ganz gerecht ist das nicht
Redaktion
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Als mein Kollege Martin Haidinger – Wissenschaftsredakteur des ORF und ein ausgewiesener Kenner studentischen Brauchtums – im Frühjahr sein Buch „Unter Brüdern“ vorstellte, da gab es zur Feier des Tage Bier aus Flaschen, deren Etikett ein Cover des Buches zierte. Auf Nachfrage zeigte sich: Haidinger und sein Verleger hatten diese Etiketten selber gemacht und in mühevoller Handarbeit auf von einer Großbrauerei gefüllte Flaschen geklebt. In dem Buch geht es viel um alte Burschenherrlichkeit, um Ideale und ihren Verrat und erwartungsgemäß auch darum, dass die Studenten bei (zu) vielen Gelegenheiten (zu) viel trinken.
Andererseits hat das ja nicht nur in diversen Trinkspielen (die seinerzeit als Parodie adeligen Protzes eingeführt worden sind), sondern auch in einer frühen universitären Selbstverwaltung eine historische Wurzel. So hatten früher die englischen Colleges allesamt ihre eigenen Brauereien und ihre eigenen Biere.
Heutzutage ist es ja nicht ganz leicht ein „eigenes“ Bier zu haben, im besten Fall wird von Gastronomen mit einer Brauerei vereinbart, dass man eine ohnehin gängige Biersorte als Hausbier ausschenkt. Eine recht zweifelhafte Praxis, die in den letzten Jahren seltsame Blüten treibt. Da haben viele Lokale ein „Hausbier“ und wenn man nachfragt, worum es sich da eigentlich handelt, sagt das Personal treuherzig: „Das ist ein naturtrübes Bier, das eine Brauerei für uns nach unserem Rezept braut.“ Als ob man diesem Lokal zutrauen könnte, dass dort irgendjemand über ein eigenes Bierrezept verfügen würde. Im besten Falle erfährt man, welche Brauerei das ist, die da ihr Zwicklbier unter fremdem Namen ausschenken lässt. Etwa im Falle des Uni-Bräu in Wien, das gar kein Geheimnis daraus macht, dass sein „Doktor Pils“ exakt dem Schlägler Pils entspricht und das Magister Märzen ebenfalls aus der Stiftsbrauerei in Oberösterreich stammt.
Was aber immer noch kein eigenständiges Bier ausmacht. Das aber wollten ein paar Studenten aus der K.Ö.St.V. Riegersburg zu Fürstenfeld, die in der kommenden Woche ihr 50. Stiftungsfest feiert, partout haben. So gingen sie zum Braumeister der vor einigen Monaten wieder eröffneten Gasthausbrauerei (er heißt Hans Seidl, ist aber nicht mit mir verwandt) und diskutierten mit ihm, wie wohl ein Festbier für ihre Veranstaltung beschaffen sein könnte. Nicht zu viel Alkohol sollte es haben – schließlich sehen sich die jungen Leute ohnehin mit dem falschen Vorwurf konfrontiert, sie träfen sich vor allem zum Komatrinken – und einen eigenständigen Geschmack mit der nötigen Vollmundigkeit und einem deutlichen, aber nicht zu aufdringlichen Hopfencharakter sollte es auch haben. Der Braumeister hieß sie mit anpacken beim Bierbrauen und der Bürgermeister rückte aus, um das erste Fass anzustechen. Inzwischen gibt es das „Studentenbier“ (mit eigens gestalteten Etiketten) auch aus der Bügelverschlussflasche, allerdings nur direkt im Fürstenbräu und bei der K.Ö.St.V. Riegersburg. (Bierpapst Conrad Seidl, derStandard.at)
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