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Foto: Birgit Pestal

Wien: Am Wiener Bollywood-Stammtisch herrscht Euphorie. Der neue Shah Rukh Khan Film „Om Shanti Om“, für den sich der indische Superstar ein sexy Sixpack antrainiert hat, wird gleichzeitig mit dem indischen Erscheinungstermin (9.11.07) auch in Wiener UCI-Kinos zu sehen sein. Eine Premiere für Österreich.

Wer kennt schon Shah Rukh Khan?

Shah Rukh Khan, der wohl berühmteste Film-Schauspieler der Welt, dessen Namen Sie vielleicht noch nie gehört haben, hat auch im deutschsprachigen Raum eine riesige Fangemeinde. Die „Business Week“ schätzt sein weltweites Publikum gar auf die unglaubliche Zahl von 3,5 Milliarden Menschen. Unzählige Internetforen und Fan-Pages im Internet dokumentieren den Kult um den erotischen Kulturvermittler.

Mit „Om Shanti Om“ (kurz: OSO) könnte dem indischen Kino erneut ein nachhaltiger Erfolg an nicht-indischen Kinokassen gelingen. Die Retro-Reinkarnations-Liebeskomödie, die sowohl in den 70ern als auch 2007 spielt, wird von Bollywoodfans weltweit sehnsüchtig erwartet. Choreographin und Produzentin Farah Khan hat in OSO keine Kosten gescheut um ein psychedelisches Farbspektakel für alle Sinne zu inszenieren, dass dem muskelbepackten Körper von Shah Rukh gerecht wird. Farah Khan gilt als eine der erfolgreichsten indischen Choreographinnen und hat bezeichnenderweise auch in all jenen Filmen mitgearbeitet, die im deutschsprachigen Raum besonders erfolgreich waren (z.B.„In guten wie in schweren Tagen“ oder „Lebe und denke nicht an Morgen“ sowie „Bis dass das Glück uns scheidet“).

Kino und Globalisierung

Überall dort wo Bollywood schon lange punkten konnte, wird „Om Shanti Om“ bereits im Vorfeld Hitpotential unterstellt. Bollywood-Fangemeinden reichen außerhalb Indiens und Asiens nicht nur von Großbritannien bis Deutschland sondern auch von z.B. Lateinamerika bis Afrika und vom ehemaligen Ostblock bis zum arabischen Raum. In Afrika etwa ist Bollywood immer schon ein riesiges Phänomen: Experten und Reisende erzählen von einem Anteil von etwa 50 Prozent an indischen Filmen in afrikanischen Kinos und Videotheken. In den Ländern der ehemaligen UDSSR gab es vor allem zu Zeiten des eisernen Vorhanges einen riesigen Bollywood-Boom. In der Türkei sind diese Filme immer schon sehr beliebt – vielleicht auch wegen der kulturellen Nähe.

In Peru konnte sich zum Beispiel der Bollywoodtanz in vielen Bereichen etablieren. Die große Anzahl indischer MigranntInnen in Großbritannien sorgt dafür, dass Bollywoodfilme regelmäßig in den TopTen der britischen Kinocharts auftauchen. Indische Filme erreichen aber nicht nur die asiatische oder arabische Diaspora, sondern verbinden quasi auch all jene Menschen die irgendwie zwischen die Kulturen geraten sind. Auch in den USA hat man schon lange ein Auge auf Bollywood geworfen. Zahlreiche Kooperationen zwischen der amerikanischen Filmindustrie und Indien sind geplant und auch Disney hat längst seine Finger im Spiel.

Kosmopolitisches Kino?

In Europa ist die Fangemeinde in Nicht-Migrantenkreisen verhältnismäßig klein, wenn auch beachtlich und durchaus auch wachsend. Immer mehr Menschen springen quasi über ihren Schatten und geben den als kitschig verschrienen Filmen eine Chance. Für ein Publikum, dass unter anderen (vorwiegend amerikanischen) Leitbildern aufgewachsen ist, sind kommerzielle Hindifilme mitunter eine Herausforderung oder gar ein Greuel. „Geradezu banausisch“, meinen darauf diejenigen, die mit Reiz und Rührung dieser Filme in Kontakt gekommen und daraufhin gleich süchtig nach indischer Popkultur (sowie nach der indischen Kultur im Allgemeinen) geworden sind. Auch die „westliche“ Berichterstattung über Bollywood wird von Fans stark kritisiert. In einer Welt, in der sowohl Verleiher als auch PR Agenturen „Bollywood“ ignorieren und Journalisten, die dem indischen Kommerzkino skeptisch gegenüberstehen, munter irgendwelche Floskeln voneinander abschreiben, grenzt es fast an ein Wunder, dass diese Filme heute auch in Europa eine gewisse Reichweite haben.

In Deutschland war es vor allem der deutsche Verleiher „Rapid Eye Movies“ der in Kooperation mit dem Kabelsender RTL2 eine Vielzahl von Hindi-Filmen synchronisierte und vermarktete. Das deutsche Fachmagazin „Ishq – Bollywood und Lifestyle“, dass seit neuesten auch in Österreich erhältlich ist, bewirbt die indische Filmindustrie nun auch im monatlichen Intervall. Bollywoodclubbings sind in Deutschland schon seit einigen Jahren keine Seltenheit und auch in Wien findet mittlerweile eine monatliche „Bollywoodnight“ im „Moulin Rouge“ statt. Im vom deutschen Zukunftsinstitut herausgegebenen „Trendreport 2007“ wird als einer von neun Trends bestechenderweise das „Indien-Gefühl“ genannt, wobei „Bollywood“ eine zentrale Rolle spielt. Bollywood ist also hier um zu bleiben, könnte man vermuten. (Birgit Pestal)