"Wir gehen vom Lesen unseres genetischen Codes zur Möglichkeit über, ihn zu schreiben", sagte er. Damit sind hitzige Debatten über die ethischen Aspekte der Schaffung neuer Spezies vorprogrammiert. Zugleich könnten sich aber neue Möglichkeiten zur Energiegewinnung und Techniken zur Bekämpfung der Erderwärmung ergeben.
"Mycoplasma laboratorium"
Der Molekularbiologe sprach von einem "wichtigen philosophischen Schritt in der Geschichte unserer Gattung". Laut Venter hat sein Wissenschaftlerteam das erste künstliche Chromosom mit 381 Genen und 580.000 Basenpaaren geschaffen. Die DNA-Sequenz, die er und sein Team auf den Namen "Mycoplasma laboratorium" tauften, rekonstruiert wesentliche Teile des Genoms des Bakteriums "Mycoplasma genitalium" - ein Kleinbakterium, das Harnröhrenentzündung verursacht.
Das künstliche Chromosom soll laut Venter in ein weiteres Bakterium eingesetzt werden, die Kontrolle über den Fremdorganismus übernehmen und ein neues, sich replizierendes Lebewesen erschaffen. Venters Forscherteam unter der Leitung von Nobelpreisträger Hamilton Smith ist es in früheren Experimenten bereits gelungen, das Genom eines lebenden Bakteriums in die Zelle eines zweiten zu verpflanzen und dadurch dessen Zelltyp zu verändern.
Neue Bakterien - viele Aufgaben
Der Wissenschaftler sagte zudem, er hoffe, durch seine Forschungen Bakterien zu entwickeln, die CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen können. Auch die Herstellung von Bio-Sprit aus Zuckerrohr sei mit Methoden synthetischer Molekularbiologie denkbar. Zu möglichen moralischen Bedenken gegenüber künstlichen Lebewesen meinte Venter: "Wir versuchen, ein neues Wertesystem für das Leben zu schaffen. Wenn man mit solchen Dimensionen zu tun hat, kann man nicht erwarten, dass jeder glücklich sein wird."