Allein nach Alaska
Nun also ein beinahe kompletter Vedder-Soundtrack als Solodebüt (Ausnahmen sind Gordon Petersons "Hard Sun" und "Society" von Jerry Haman) – für ein nicht eben ungefährliches Unterfangen. Kein geringerer als Jon Krakauer liefert mit dem 1996 veröffentlichtem Tatsachenbericht und Bestseller "Into The Wild" die Vorlage für Sean Penns filmisches Werk. "In die Wildnis - Allein nach Alaska", erzählt die Geschichte des jungen Studenten Christopher Mc Candless. Der tauscht seine gesicherte Mittelklasse-Existenz gegen ein Leben abseits der Zivilisation und bezahlt sein Abenteuer schlussendlich mit dem Leben. 120 Tage nachdem er in die Wildnis gezogen war, entdecken Elchjäger zufällig die Leiche des 24 jährigen Aussteigers. In den USA kam der Film im September dieses Jahres in die Kinos, in Österreich wird man sich noch bis Ende Februar 2008 gedulden müssen.
Fernweh in Ton und Bild
Hält man das Album erst einmal in der Hand, so lässt zunächst dessen Gestaltung Nostalgie aufkommen. Erinnerungen an frühere Vinylproduktionen werden wach: Kein Kunststoff trübt das haptische Vergnügen, atmosphärische, dem Film entnommene Bilder, lassen schon beim Anblick Fernweh aufkommen. Verantwortlich dafür zeichnen u.a. Brad Klausen und ein gewisser Jerome Turner - besser bekannt als Eddie Vedder. Das Foto des Back-Covers steuert Anton Corbijns bei – er hat die Kamera unverkennbar schon für die Stones, Springsteen, U2 und andere Größen der Rockszene in die Hand genommen.
"Setting Forth" macht den musikalischen, beinahe rockigen Auftakt. Hier lässt sich - wenn jemand unbedingt will – auch noch eine Verbindung zu Pearl Jam herstellen - oder der Aufbruch des Helden in ein neues Leben erahnen. Dann wird eingetaucht in die Wildnis und in den tragischen Filmstoff: "No Ceiling" verbreitet melancholischere Grundstimmung. Die "Weite der Wildnis" nimmt unbestreitbar Raum ein. Bei "Far Behind" wird noch einmal das Gaspedal getreten, ohne je die Geschwindigkeit der Pearl Jam Songs zu erreichen. Spätestens ab "Rise" ist klar, dass Vedder keine Lust hat, sich an seiner Band zu orientieren. Nur von einer Ukulele (kleines gitarrenähnliches Zupfinstrument) begleitet, trägt seine Stimme den Song. Die Unwägsamkeiten der Natur hört, wer sie erlebt hat und hören will.
Melancholie ohne Kitsch
"Long Nights" versinkt endgültig in trauriger, melancholischer Stimmung: Spärliche Instrumentierung verschaffen Songwriter und Sänger Eddie Vedder viel Raum um seine Talente auszuspielen. Der akutische Trak "Tuolumne" erinnert - spät aber doch - dass es sich hier um einen Soundtrack handelt, auf einem als Soloalbum konzipiertem Tonträger hätte das schmucke Stück wohl keine Berechtigung. Und "Hard Sun", die erste Singleauskoppelung - ein Duett mit Corin Tucker (Ex-Sleater Kinney) – könnte sich zum Ohrwurm entwickeln. Wie auch die folgenden Songs, denn in der Tonart geht es dann weiter: "Society", eine wunderschöne, zerbrechliche Ballade, zart gesponnen und getragen von Akustikgitarre und den darübergespannten Klangbögen und "The Wolf2 in der der Sänger - begleitet von einer Orgel - den Mond anheult. "End Of The Road" und "Guaranteed" - schließen dort an wo "The Wolf" eine Fermate einschiebt. "Guaranteed" ist der einzige Song der mit sieben Minuten die üblichen zweiminütigen Stücke deutlich überschreitet.