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Schnell soll's gehen. Wieso dauert das so lang? Die ungeduldigen Auftraggeber sind die einen - und die anderen sind die vielen, denen sie unterwegs begegnen. An denen sie vorbeizischen. Und von denen sie oft als Rüpel erlebt werden - die Radlboten. Seit 1987 muss man in Wien mit ihnen rechnen, seit 1990 auch in anderen Landeshauptstädten. Wobei viele Profistrampler ihr Image ganz bewusst pflegen. Die Asphalt-Rebellen. Die Straßenverkehrsordnungs-Unordentlichen.

Der Bote mit dem Funknamen "Miraculix" antwortet etwa auf die Frage, welche Verkehrsregel er nie übertreten würde, ganz selbstverständlich mit: "Keine." Und seine beste Ausrede, wenn ihn ein Polizist erwischt? "Ich werde nicht erwischt."

Junge Wilde

"Miraculix" ist kein Einzelfall, wie das gerade erschienene Buch "Jung, wild, schön, schnell" von Lena Gansterer und Thomas Rottenberg dokumentiert. Der Titel des Jubiläumsbandes über die ersten 20 Jahre des Fahrradbotentums in Wien sagt ohnehin schon alles: Junge Wilde sind sie, und schön schnell in der Stadt unterwegs.

Auch wenn viele von ihnen zwar Tempo machen, aber sich penibel an die Verkehrsregeln halten, lauten die unerschütterlichen Assoziationen der anderen Verkehrsteilnehmer zum Fahrradboten: "Bei Rot über die Kreuzung", "gegen die Einbahn" und "auf dem Gehsteig fetzen". Oder, wie es Peter Goldgruber, Leiter der Wiener Verkehrspolizei, im Buch formuliert: "Fahrradboten betrachten rote Ampeln häufig als Gegenstand, mit denen man die Umwelt verziert, leiten daraus aber keine Verhaltenshinweise ab."

Profis

Es passiert allerdings auch vergleichsweise wenig. Weil sie eben Profis sind. Weil sie fast immer wissen, was sie riskieren können. Die anderen aber, die keine derartigen Spezialisten sind, fühlen sich bedrängt. Und das löst Angst aus. Und Angst macht aggressiv.

Was auch der Philosoph Konrad Paul Liessmann im jung-wilden Radlboten-Buch bestätigt: "Das Verhältnis von Autofahrern zu Radfahren lässt sich eigentlich nur psychoanalytisch erklären, weil es vollkommen irrational ist." Die Autofahrer, die Stärkeren, Geschützteren, "ärgern sich trotzdem, dass ein Schwächerer, Schutzloser" an ihnen vorbeizischt.

Bei all dem darf man eines nie vergessen: Radlboten leisten schwerste Arbeit, sind mit dem umweltfreundlichsten Fahrzeug unterwegs - und das für sehr, sehr wenig Geld. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 6./7.10.2007)