Anlässlich des Weltlehrertages am 5. Oktober versammeln sich die AHS-LehrerInnen. Sie befürchten viele Schlechterstellungen.

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Wien - Für viele Schüler in Österreich war gestern schon nach der vierten Stunde Unterrichtsschluss. Ihre Lehrer trafen sich zu einer Dienststellenversammlung, offiziell aus Anlass des Welt-Lehrertags, an dem auf die Arbeitsbedingungen von Lehrern aufmerksam gemacht werden soll. Besonders die AHS- Lehrergewerkschaft nutzte die Gelegenheit aber, um gegen die Pläne für die Neue Mittelschule (NMS) von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) zu protestieren (siehe Wissen).

Eva Scholik, die Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, legt im Gespräch mit dem Standard "Wert darauf, dass wir Informationsveranstaltungen und keine Streiks machen. Wir wollen ,Druckstellen' an den Schulen rückgemeldet bekommen."

Den von Schmied im Interview mit dem Standard geäußerten Vorwurf, einige AHS-Funktionäre betrieben "Panikmache", weist Scholik zurück: "Ich habe den Eindruck, dass den Gesamtschulbefürwortern die Argumente ausgehen und sie die Diskussion auf eine Ebene bringen, wo sie nicht hingehört." Die AHS- Lehrergewerkschaft übe Kritik am Gesetzesentwurf, verweigere aber nicht aus Prinzip Änderungen.

Warum aber dann die Mobilmachung gegen die gemeinsame Schule? "Unser Unbehagen richtet sich primär dagegen, dass die Gesamtschulklassen sehr heterogen werden, vom Hochbegabten bis zum Sonderschüler. Ich glaube nicht, dass ein Lehrer diesen Spagat schafft. Dafür gibt es spezialisierte Lehrer."

Die Initiatorin der Aktion "Schule bunt", die für den Erhalt des "differenzierten Schulsystems" 30.000 Unterschriften sammelte, sagt "mit gutem Recht, dass ich 80 Prozent der AHS-Lehrer hinter mir habe. Die 80 Prozent sind definitiv gegen die Gesamtschule, die jetzt geplant ist."

"Eher isoliert"

Längst nicht alle Lehrer goutieren das derzeitige Vorgehen der Gewerkschaft: "Den Konfrontationskurs, den Frau Scholik und andere fahren, halte ich nicht für zielführend", erklärt Gary Fuchsbauer, der Bundeskoordinator der Unabhängigen Gewerkschafter (ÖLI-UG): "Die Gewerkschaft sollte die Interessen der Lehrer vertreten und nicht reflexartig alles ablehnen." Bei einem Treffen von Lehrervertretern aller Schulen habe er den Eindruck gewonnen, dass Scholik mittlerweile sogar "eher isoliert" sei, sagte Fuchsbauer zum Standard.

An der geplanten Reform des Schulorganisationsgesetzes stört die unabhängigen Lehrer, dass sie laut Bildungsministerium "keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen" hat. Die Neue Mittelschule erfordere begleitende pädagogische Maßnahmen - und für diese müsse man nun einmal Geld in die Hand nehmen, findet Fuchsbauer. Zudem gebe es ein "prinzipielles Problem": Da es die Neue Mittelschule in den Modellregionen zusätzlich zu AHS und Hauptschule geben wird, sei sie keine gemeinsame Schule.

Auch auf politischer Ebene ging die Diskussion um die Neue Mittelschule am Donnerstag weiter: SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina findet die "ÖVP- Parteipolitik" der Lehrer in den Schulen "inakzeptabel". VP-Parteichef Wilhelm Molterer hat hingegen Verständnis für die "Sorgen" der Lehrer: "Ich teile sie." (Andrea Heigl, Lisa Nimmervoll/DER STANDARD-Printausgabe, 5. Oktober 2007)