„Ich sehe mich nicht so sehr als durchgebrochen an“, antwortete Axel Corti 1987 leicht dissonant einer Journalistin, die ihn auf die Angebote nach seiner überaus erfolgreichen Film-Trilogie Wohin und zurück angesprochen hatte. Dass ein künstlerischer wie kommerzieller Durchbruch auf dünnes Eis führt, war einem Mann, der immer vorzog, von „Entwicklung“ statt von „Karriere“ zu sprechen und trotzdem nicht zu (falschen) Bescheidenheiten neigte, mehr als eine rhetorische Floskel.

 

Schon 1962, als er für den ORF sein erstes Fernsehspiel drehte, brachte er es anschließend auch in die Kinos: Bei Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter (nach Herzmanovsky-Orlando) lag dies wohl auch wegen Hans Moser nahe, der darin eine seiner letzten Rollen spielte. Dem ORF war Corti seit 1956 verbunden: Der 1933 in Paris geborene Sohn eines österreichisch-italienischen Kaufmanns und einer aus Polen stammenden Berlinerin konnte schon als 23-Jähriger die Abteilung Literatur und Hörspiel im dortigen Landesstudio übernehmen. Arbeiten für das Theater, die er seit 1958 ebenfalls übernahm und die ihn 1960 als Regieassistenten ans Burgtheater und 1967 als Oberspielleiter nach Ulm brachten, hinderten ihn nicht, zur ORF-Reform Ende der Sechzigerjahre sein Scherflein beizusteuern: 1968 wird Der Schalldämpfer erfunden. Diese untrennbar an Cortis eindringlich pädagogische Stimme gebundenen Hörfunkglossen trugen nicht wenig dazu bei, dass er sich kontinuierlich die Aura einer Integrationsfigur des „guten Österreich“ erwerben konnte, die später auch als Gastgeber in zahlreichen Club 2-Sendungen bedächtiges Räsonnement über heikle Themen zu vermitteln pflegte.

In den Siebzigerjahren fand er sich im Bemühen um kritischen Realismus im Einklang mit wesentlichen Strömungen der damaligen Literatur, und mit der Verfilmung von Büchern eines Michael Scharang (Totstellen, 1975) oder Gernot Wolfgruber (Herrenjahre, 1984) fand sich Corti ganz auf der Höhe der Kunst eines neuen österreichischen Filmschaffens, das statt in Silberwald-Idyllen in die Fabriken und Angestellten-Seelen schaute.

Dass er daneben die Tradition des öster_reichischen Fernsehspiels in Manier eines Michael Kehlmann und meist nach einem Dichterwerk aus k. u. k.-Tagen fortsetzen konnte, wurde ihm dabei natürlich unterschiedlich ausgelegt. Das Jahr 1984 sieht ihn bei der Verfilmung einer Erzählung von Franz Werfel: Eine blaßblaue Frauenhandschrift, gewissermaßen ein Intermezzo vor der Emigranten-Trilogie und doch eine Hinwendung zu Themen, die seinem im Grunde ahistorischen Interesse an Gefühlskonstanten Rechnung trugen: „Es ist halt zufällig ein Film, in dem die Leute solche Kleider anhaben und mit solchen Verkehrsmitteln fahren“, äußerte er sich gegenüber dem Standard über einen seiner Filme. „Was mich interessiert: Was geschieht zwischen Menschen? Was erleben sie in Extremsituationen?“ (Bert Rebhandl, erschienen 1993 im STANDARD.)