Wippen (mit Bohnen in den Ohren) - Guido Gluschitsch bei der BMW X-Challenge.

foto: sulzbacher

Und zwar ist das so: Ich bin ein Steirer, die Firma Stipper ist in Stainz in der Steiermark. Was liegt also näher, als dass die Firma Stipper den glu mitnimmt, wenn’s zum Endurieren geht? Location: Ampflwang. Das ist zwar nicht in der Steiermark, aber ist trotzdem schön. Die Spielwiese vom Joe Lechner liegt in Oberösterreich, im Hausruckwald. Spielzeug: BMW X-Challenge.

Na klar taugt mir das, wenn ich im Dreck wüten kann. Keine Frage. Und dann noch mit ein paar kernigen Steirerbuam – was für eine Gaudi! Die lassen gleich nix anbrennen. Während die eine Partie mit ihren eigenen BMW-Eisen durch den Schotter pflügt, reißt sich die andere Hälfte ein Packl X-Challenge unter die Nägel. Die Eignerpartie wird vom Joe Lechner gewohnt galant ins Thema "Brezen am Schotter" eingeführt: "Baut’s die Verkleidung so weit es geht ab, es warat schad drum."

Die andere Hälfte wird vom Tom instruiert, einem der Trainer bei Joes Enduro-Ausflügen. Der beginnt seine Lektion mit anderen Vorbeugungsmaßnahmen. Nämlich nicht "Was mach ich nach einem Sturz?" sondern "Wie geht’s nach einer erfolgreichen Gesichtsbremsung weiter?".

Um dies anschaulich zu demonstrieren, legt er uns gleich einmal eine gekenterte HP2 zu Füßen. "Aufheben, über die HP2 klettern, auf der anderen Seite umlegen und noch einmal aufheben." Die Aufwärmübung hätte es nicht gebraucht.

In den nächsten Stunden trennt sich jeder einmal derart von seiner X-Challenge, dass man ihm das richtige Aufheben immer noch an Ort und Stelle erklären könnte. So kann sich der Tom aber später in Details vertiefen: "Lass sie ganz runter rutschen und heb sie erst dann auf, weil sonst fliegt sie gleich noch einmal." Und auch wenn es auf den ersten Blick nicht immer den Anschein hat, es geht beim Training schon darum, das Material zu schonen. Wo möglich halt.

Aber was willst tun, wenn dir oben bei der Einfahrt in den steilen Abhang eigentlich schon der Mumm ausgeht? Irgendwo in der Mitte hat sich der Tom verkeilt und zeigt dir auch noch, wo du stehen bleiben sollst.

Steil genug ist es, dass hinten bremsen allein genau gar nicht reicht – wenn du dafür vorne auch nur ein Eutzerl zu fest reingegreifst, schlägst im Idealfall dort das erste Mal auf, wo der Tom hingezeigt hat. (Das ist auch eine Art von stehen bleiben… mfgux ;-)

"Was runter geht, geht rauf schon lang!" sagt der Tom und wir stellen uns an, den Hügel mit der steilen Auffahrt zu bezwingen. Fast eine Motorradlänge Anlauf – schwupps – oben. Ein paar Radeln sind da schon wieder gepurzelt. Keine Frage. Meins nicht. Oben im ersten Anlauf.

Und weil der Tom ein ganz ein Lieber ist, hat er mir beim zweiten Versuch den Anlauf gleich einmal auf Null gestellt. Mit dem erwarteten Erfolg. Es wäre ja eigentlich romantisch, so in der Gstätten zu sitzen, den Vogerln zu lauschen und sich der Aussicht zu erfreuen, hätte man nicht gerade seinen fahrbaren Untersatz ins hüfthohe Gras hinter sich gepfeffert.

>>>Es schanzt

Lustig ist auch das Spiel mit der Wippe. Aus einer alten Almhütte hat irgendwer eine Wippe zusammengetischlert, die nun dem Joe Lechner als Übungshindernis herhält.

Bei der Übungserklärung hab ich noch ein bisserl schlecht gehört, weil mir anscheinend ein bisserl Erde im Ohr klemmte. So hab ich die Versuchsanordnung nicht mitbekommen. Die Schwitzer vor mir fahren langsam auf die Wippe, bleiben kurz stehen, bis das eben noch aufragende Ende am Boden aufsetzt und fahren dann weiter.

"Feiglinge" denke ich mir, und fahr recht zügig über Wippe, die ab einem gewissen Tempo gar nicht mehr wippt, sondern nur mehr schanzt. Feiner Sprung. Saubere Landung. Müßt gute Haltungsnoten geben. Aber der Tom hat keine Freude mit mir.

"Einen Trialstopp sollst oben machen, und dann, wenn das vordere Ende am Boden ist, erst weiterfahren. Hast Bohnen in den Ohren?" Tja, das könnte durchaus sein, oder Gänseblümchen. Ach so, Trialstopp. Leichteste Übung. Das haben die anderen ja auch schon alle gemacht. Na, wen schmeißt es dabei seitlich über das Holztrumm? Genau, mich und die BMW.

Es ist schon unglaublich, wie die Burschen zu Mittag schon fahren. Notbremsung auf Schotter – kein Problem. Sprünge – kein Problem. Ein Steirer prescht mit seiner BMW, die er mit ein paar glatzerten Reifen getuned hat, sogar den Steilhang rauf, als wenn es eine Autobahn wäre. Beim Essen gesteht er aber, dass er es nicht gemacht hätte, hätte ihm vorher irgendwer glaubhaft versichert, dass das in Echt gar nicht geht, was er gemacht hat.

Der Tag klingt mit einem gemütlichen zweistündigen Runderl über diverse Schotterstraßen rund um Ampflwang aus. Feines Training. Darf man nix sagen. Die BMW haben gehalten als wenn nix wär. Sogar meine X-Challenge stand am Abend noch da, wie ich sie in der Früh in Empfang nahm – nur ein bisserl schmutziger halt. Und das, obwohl ich der unüberwindbare Brezenmeister des Tages war.(Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Martin Sulzbacher, derStandard.at, 11.10.2007)

Guido Gluschitsch ist Redakteur beim Motorradmagazin