Heidi, Hänsel und Gretel
Seither fungieren die beiden, die ein immerhin dreiwöchiger Altersunterschied trennt, als kongeniale musikalische Zwillingsbrüder, deren Chemie sich im Kontext koreanischer Schamanenmusik ebenso zeigte wie in Konfrontation mit der Blasmusik der Amstettner Musikanten. "Als ich die Musiker in Lederhosen zum ersten Mal sah", so erinnert sich Tacuma an die Premiere des grandiosen, 2006 reaktivierten Alpine Aspects-Projekts, "dachte ich zuerst an Geschichten wie Heidi oder Hänsel und Gretel. Doch damals begann ich zu verstehen, dass Musik wirklich eine universelle Sprache ist."
Einen Jamaaladeen Tacuma musikalisch zum Staunen zu bringen, das ist so selbstverständlich nicht. Schließlich wird die Biografie des 51-Jährigen, der 1977 zum Islam konvertierte und dabei seinen Namen Rudy MacDaniel ablegte, von einem der Großen des Jazz geprägt: Ornette Coleman.
Colemans Schatten
Zum Altsaxofonisten aus Texas, der 1960 mit seinem Free Jazz-Album einer neuen Bewegung (wider Willen) zu einem Etikett verholfen hatte, stieß Tacuma als 19-Jähriger, auf Empfehlung der Miles-Davis-Musiker Reggie Lucas und James Mtume. Als Gründungsmitglied von Colemans Prime Time-Band, die als Speerspitze des Free Funk den Jazz der 70er und 80er mitprägen sollte, schrieb er gleich einmal Musikgeschichte mit. Noch 1975 entstand das berühmte Debüt Dancing In Your Head, bis 1987 war Tacuma E-Bassist Colemans. Aus dessen langem Schatten er in seinen eigenen Projekten erst einmal heraustreten musste - mit Resultaten, die ihm u. a. von Bill Laswell den Vorwurf einbrachten, Colemans "Harmolodics"-Konzept zu kommerzialisieren.
"Ich bin mit James Brown, Stevie Wonder, The Temptations aufgewachsen", entgegnet Tacuma. "Als ich meine ersten eigenen Alben machte, wollte ich all dies mit dem, was ich bei Ornette gelernt hatte, zusammen führen. Manche verstanden nicht, dass diese für sie kommerziellen Elemente die Musik sind, von der ich herkomme!"