Zur Struktur des dritten Sektors: Moderatorin Karin Bauer, Michael Ikrath, Kai Jan Krainer, Monica Culen, Franz Neunteufl und Christian Friesl: noch Uneinigkeit zur Dringlichkeit der Steuerforderung, Uneinigkeit zum Modell.

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Beim 14. Fundraising-Kongress in Wien ging es neben Fragen der Weiterbildung, der Positionierung und Strategie auch um die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden.

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Österreich brauche mehr und vor allem mehr große Spenden. Die derzeit jährlich eingesammelten rund 360 Mio. Euro könnten deutlich gesteigert werden, wenn Spenden steuerlich absetzbar wären. So der Ausgangspunkt der heimischen Fundraiser, den deren Präsidentin Monica Culen vor rund 150 Fachbesuchern des 14. Fundraising-Kongress am vergangenen Montag sehr eindringlich formulierte.

Antonella Mei-Pochtler, Geschäftsführerin der Boston Consulting Group Wien, eröffnete den Kongress mit ihrem Impulsreferat: Es ginge darum, neue Modelle und neue, auch an Produktmarketing orientierte Spendenformen zu definieren, so Mei-Pochtler. Könnten Firmen Spenden absetzen, böte das mehr Anreiz, in diesen Feldern tätig zu werden. Die Bevölkerung hätte mittlerweile generell ein geringes Vertrauen in staatliche Lösungskompetenzen – NGOs genießen das meiste Vertrauen. Insofern läge, so Mei-Pochtlers Resümee, nichts näher als eine viel stärkere und vielschichtigere Verflechtung dieser Organisationen mit Wirtschaft und Industrie.

Robert Francan, GF der IÖGV (Interessenvertretung Österreichischer Gemeinnütziger Vereine), präsentierte das neue Steuermodell (siehe Was die Not-for-Profits als Steuermodell wollen).

SP-Budgetsprecher Jan Kai Krainer, NRA Michael Ikrath (VP), Monica Culen, Franz Neunteufl (Ärzte ohne Grenzen) und Christian Friesl diskutierten dazu mit Karrieren-Chefin Karin Bauer am Podium. Culen bezeichnete das "Kombi-Modell" als sehr weitsichtig, tragbar und machbar und hielt die Flagge für das "höchste demokratische Bewusstsein, das möglich ist: nämlich Schlechtergestellten zu helfen" hoch. Culen: "Es geht um Faulheit seitens des Finanzministeriums – nicht um Geld. Der Bau der S1 war eine Lappalie gegen die benötigten 30 Millionen, die gebraucht werden. Man sollte sich schämen dafür, wie viel seitens Besserverdienender nicht getan wird." Michael Ikrath (SP) beurteilt das neue Modell "als guten Kompromiss" und ortet massiven Handlungsbedarf: "Dieser Anstoß wird von uns aufgegriffen – ich kann mir nicht vorstellen, wer dagegen sein könnte." Nach einem Instrumentarium und einem Zeitrahmen befragt, stellte Ikrath allerdings erst eine Einbindung in die Steuerreform 2010 in Aussicht. SP-Krainer fand das Kombi-Modell widersprüchlich, deutlich teurer und bezeichnete folglich jegliche Änderung vor 2010 als "kaum machbar". Das Prämienmodell sei außerdem gerechter, es käme Organisationen besser zugute. Für Christian Friesel bedeutet die neuerliche Debatte um das Thema eine "Reise in die Vergangenheit", da es 2006 bereits ausverhandelt gewesen, aber in der neuen Regierungserklärung nicht mehr aufgeschienen wäre. Zudem finde er, dass mit dem Kombi-Modell die Regierung als "Spendenersatzagentur" missbraucht würde.

Der Chef von Ärzte ohne Grenzen Österreich, Franz Neunteufl, wies auf die Medienpopularität verschiedener Katastrophenthemen und eine damit einhergehende Spenden-Schizophrenie in Österreich hin: "Die Tsunami-Gebiete waren irgendwann sogar übersponsert, aber wie können Mittel für Menschen in Not aufgestellt werden, die es nicht in die Medien schaffen?" Genau hier würden die NPOs mit einer breiteren Angebotspalette vor dem Hintergrund der Steuerabsetzbarkeit dringend gebraucht. Culen rief dazu auf, den Hilfsorganisationen zu vertrauen und einen Entschließungsantrag zu stellen. (Pia Alexandra Bauer/DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.9.2007)