Cover: Rowohlt
Im Jahr 1839 löst der liberale Theologe und Lehrer Carl Jonas Love Almquist in Schweden mit einem kleinen Roman einen großen Skandal aus: "Die Woche mit Sara" wird zum persönlichen Stolperstein, er verliert Ansehen und Arbeit, muss wegen eines Komplotts nach Amerika fliehen und stirbt schließlich völlig verarmt in Bremen. All das für die Gleichberechtigung der Geschlechter - in einer Zeit jedoch, als dies für die Gesellschaft noch absolut undenkbar war.

Was den Tumult auslöste, war die emanzipierte Denk- und Lebensweise seiner Romanfigur: Die junge, alleinreisende Sara, Tochter eines Glasermeisters, befindet sich auf Geschäftsreise auf einem Dampfer. Der ebenfalls junge Sergeant Albert verliebt sich in sie, ist jedoch verwirrt ob ihrer ungewohnt selbstständigen Art. Erst bei einem Landgang kommen sich die beiden näher und beschließen, den Rest der Strecke gemeinsam zurückzulegen. Es wird eine Reise voller Überraschungen für Albert: Sara besteht darauf, alles selbst zu zahlen, Entscheidungen selbst zu treffen, schlägt auch noch vor, im einzig freien Zimmer einer Herberge zusammen zu übernachten. Und sie plädiert für die freie Liebe, für die Unabhängigkeit, ohne Ehezwang, ohne auferlegte Pflichten, denn "die Liebe zwischen zwei Menschen, diese vor allem sollte man (...) schützen und bewahren, sie sollte niemals unter einem Zusammenleben oder einem gemeinsamen Haushalt leiden oder davon abhängig sein, ganz gleich, wie es geht." Man kann sich vorstellen, was solche reformatorischen Gedanken Mitte des 19. Jahrhunderts bei den LeserInnen ausgelöst haben.

Kampf gegen Windmühlen

Für Literatin Anne Storm basiert die allgemeine damalige Entrüstung und der gesellschaftliche Untergang des Autors auf der "Verletzung eines der am hartnäckigsten verteidigten gesellschaftlichen Tabus der Zeit. Es war die schonungslose Kritik an der Ehe als Institution, an den als gottgewollt und unabänderlich ausgegebenen Formen und Zwängen des Zusammenlebens, die jenen Meinungsstreit auslöste." Für den in jeder Hinsicht reformerisch denkenden Almquist wurde die Gleichberechtigung der Geschlechter immer mehr zu einer Schlüsselfrage für die Demokratisierung der Gesellschaft: "Die rechtlose Stellung der Frau empörte ihn zutiefst." In Schriften und Abhandlungen tat er seine Kritik daran öffentlich kund und verbreitete seine - in der damaligen Zeit gefährlich aufrührerischen - alternativen Vorstellungen: "Freiwilliges Zusammenleben der Partner, ohne den Ehekontakt, der die Frau entmündigt - Partnerschaft, gegründet auf echte Zuneigung, selbst gewählte Verpflichtungen, Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt." Einen Roman darüber zu schreiben, erschien ihm die ideale Form, um "den Boden für das Verständnis" seiner Auffassungen zu bereiten. Er sollte sich irren - er war seiner Zeit zu weit voraus: Erst 1920 sollte der Paragraph über die juristische und ökonomische Vormundschaft des Ehemannes in Schweden abgeschafft werden. (isa/ die Standard.at, 27.9.2007)