Tanglberg, doch recht stimmungsvoll - und im Hintergrund ein Bild von Herrn Gründberg. Seinetwegen wurde mir die Trüffel vergoldet.

Restaurant Tanglberg
Pettenbacherstraße 3-5
4655 Vorchdorf
07614/8397
www.tanglberg.at

Zweimal drei Gänge mit Apero, Wein und Kaffee: 145 Euro.

fid
Demnächst ein Jahr Fressblog - und noch immer blinde Flecken auf der Schmeck's-Landkarte. Der Blick zurück ergibt: 15 Einträge für Wien, 10 für Niederösterreich, je 4 für die Steiermark und das Burgenland, 3 für Salzburg (alle ohne mich, also ein persönlicher blinder Fleck), einmal Vorarlberg (dank Herrn Hlavicka) - und aus.

Tirol, könnte ich mich entschuldigen, ist schon ganz schön weit von meinem Wohnort - dagegen sprechen natürlich an die 20 Logbucheinträge alleine für Italien. Und warum nicht Oberösterreich? Also los, nach Vorchdorf, wo ich schon immer wieder hinwollte, seit ich vor viel zu vielen Jahren mittags auf der Durchreise ein kleines Menü bei Adi Nairz genossen habe. Nairz, wissen wir, kocht längst bei einem russischen Oligarchen.

Glücklich wienwärts

Rainer Stranzinger, lasen wir in diversen (begeisterten) Fressführern und Kritiken, steht ihm in dem ungemein stimmungsvollen ehemaligen Bürgerspital um nichts nach. Aber das will der Fidler dann doch auch am eigenen Gaumen erfahren. Blöderweise auf der Durchreise, also nur drei Gänge statt eines der zwei prallen Menüs und mit (mengenmäßig) dezenter Weinbegleitung.

Aber, ich kann Ihnen versichern, ich bin selten so glücklich (und satt) über die Westautobahn nach Wien zurückgetschundert. Dabei hat das Tanglberg inzwischen auch Zimmer. Ging sich halt blöderweise termintechnisch nicht aus.

Hoch das Bein!

Zweimal grüßt die Küche, und wir, aber hallo!, freudig zurück: Froschschenkel, gebacken. Große Freude über mein erstes Kleinamphibium seit 1999 im Piemont (Lokal leider nicht im mehr im Osteriaführer auszumachen). Und mein bisher bestes seiner Art (für Kollegen Holzer: zartestes!). Kürbissuppe im Pfiffglas, auch sehr fein.

Ein Fall für Fidler sind Steinpilze (Suchtfaktor) Souvaroff (kenn ich nicht - Neugierfaktor, ich hatte das Posting von mikromalist nicht gelesen, das hätte die Sache aber auch nicht erhellt). Darunter steht dann noch "Trüffel Roger Roucoue a la Gründberg". Das gilt es natürlich zu recherchieren.

Suppe mit Haube

Der Dilettant erfährt: eine Suppe mit einer Blätterteighaube, damit einem beim Anstechen das Aroma so richtig konzentriert entgegenbrettert. Und auf der Schokogänselebertrüffel Blattgold, eine Hommage an Herrn Gründberg, dessen edelmetallastiges Bild uns gegenüber hängt (minimalist möge mich korrigieren, wenn ich da was verwechsle, s.v.p.). Na wumsti - auch wenn ich den Aromahaubeneffekt nicht unbedingt gebraucht hätte: eine gewaltige Steinpilz-Trüffelessenz.

Heimfahrtbedingt gleich der Atterochs a la Bordelaise, Filet im Ganzen gebraten mit Gremolata. Bei dieser Kräuterpanier (despektierlich, ich weiß) tauchte der einzige Zweifel an den umfassenden wie freundlichen Erklärungen auf. Wir tippen auf Zitronenschale als Zutat (Wiki erklärt mir später zu Gremolata: fein gehackter Knoblauch, glattblättrige Petersilie und geriebene Zitronenschale); das unglaublich zuvorkommende Service weist Eisenkraut die zitronige Note zu, wieder was gelernt. Egal, großer Sport.

Markerschütternd

Dazu sautierte Eierschwammerl (Suchtfaktor, fast so schlimm wie Steinpilz) und Ochsenmarkpüree. Sapperlott - cremigstes Glück ohne Rücksicht auf den Cholesterinspiegel! Ich glaube, mich ja noch an geschmorte Ochsenwade zu erinnern, aber mein Treo hat die Kostnotizen schändlicherweise verputzt, und auf der promptest nachgelieferten Karte unseres Abends findet sie sich nicht mehr.

Der Munster Geromee (Untertitel: Animale-Heurige) zum (wenn man von den spannenden Petits Fours absieht) Schluss bringt zwei Überlebensmittel des Fidlers zusammen - Erdäpfel (hier natürlich ausgesuchtest importierte) und Rotschmiere. Weckt selige Erinnerungen an den Brie auf Erdäpfeln mit Kernöl beim Kreuzwirt. Der alte Fuchs-Fan in mir überwindet sich und schreibt: fast noch besser.

Hummer in Begleitung

mikromalist möge mir verzeihen, ich bin unverbesserlich: Fehlt noch der Dreigänger meiner ebenso charmanten wie geschmackssicheren Begleitung - ich fasse mich etwas kürzer, versprochen: "Aus dem Atlantik" heißt der Hummer in Charentais-Melonenbutter mit Artischocken und Peperoni. Große Freude bei der Tischnachbarin, ich bin über die Kostgabel alles andere als traurig (herzlos, Hummer, ich weiß...) und kann mich schon wieder nicht kurz fassen, sorry dafür.

Also nur noch ganz rasch: Die letzte Reinanke (danach gab's Forelle an dem Abend, sagt meine Begleitung, ich hab da vor Glück nicht mehr so aufgepasst) mit Kukuruzrelish (danke, österreichisch benannt) und Zimt würde ich nie im Leben von der Tischkante stoßen. Und die sehr herbe Bitternote des - in kleinen Würfeln gelierten Campari Orange Royal mit Orangencreme half gut bei der Verdauung.

Weit gereist

Jetzt muss ich mich natürlich in seltener Selbstkritik fragen, warum ich mich bei Klaus Kobald in den Saziani Stub'n (inzwischen im Tabor-Turm in Steyr) derart über weit gereistes Essen auf dem Land so alteriert habe und hier in Vorchdorf völlig aus dem Häuschen bin. Herr Stranzinger (oder auch Carlo Wolf) lässt ja zum Beispiel Heurige von fernen Inseln (Île de ré, wenn mich nicht alles täuscht) heranschaffen. War hier vom Geschmackserlebnis überwältigt, von den Palmenherzen aus Mauritius halt nicht so.

Eigentlich wollte ich hier noch über die Plainlinde in Salzburg (noch ein blinder Schmeck's-Fleck des Fidler, siehe oben) schwadronieren, aber für heute haben Sie eh ausreichend Textmenge zu verdauen. Demnächst an dieser Stelle, bleiben Sie dran!