Die Frage: "Darf ich fernsehen?" wird bei den Nachbarn gestellt.

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+++Pro Von Tanja Paar Im Anfang war die WG. Und da stand ein Fernseher. Und der war irgendwann kaputt. Und keiner kaufte einen neuen, und damals, in den frühen 90er-Jahren, wurden einem die Dinger ja noch nicht als Abo-Freigeschenk nachgeschmissen. Und siehe da, das Leben ging auch ohne.

In die erste eigene Wohnung zog mit dem neuen Lebenspartner auch ein TV-Gerät, das in Ermangelung einer Hausantenne und ohne Kabelanschluss ein trauriges Dasein fristete. Fernsehen als Kulturtechnik geriet nun völlig in Vergessenheit. Die Infos lieferten die neuen Medien, und an den wahren Abenteuern nahm man sowieso tagtäglich ganz persönlich teil.

Jetzt gibt es wenigstens keine Diskussionen mit den Kindern. Die Frage "Darf ich fernsehen?" wird bei den Nachbarn gestellt. Das nachbarliche TV ist übrigens auch Anlaufstelle, wenn es wirklich einmal hart auf hart geht: Beim Einsturz von Wolkenkratzern in New York, Neuwahlen oder Erdbeben. Und dann geht es dort zu wie einst im Dorfwirtshaus. Und das ist gut so.

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Contra---
Von Christian Schachinger

Möglicherweise hat bis jetzt auf der Erde ja nur deshalb keine Invasion schrecklicher Außerirdischer stattgefunden, weil ihnen die weit draußen im All empfangenen Fernsehsignale Abschreckung genug sind. Von wegen: ein schrecklich unsympathischer Planet. Oder wie Samuel Beckett einmal meinte: "Man hat so lange das Schlimmste vor sich, bis es einen zum Lachen bringt."

Wenn man aber einmal im Gelächter angelangt ist, erweist sich Fernsehen als großer Spaß. Zwar muss man den Begriff Bildungsfernsehen insofern revidieren, als man natürlich nur etwas vom Fernsehen fürs Leben lernen kann, wenn man tief hinunter in dessen Bauch steigt. Dorthin, wo Kerner, Beckmann, Heinzl, die Stars im Dschungel sowie Sasha Walleczek wohnen. Allerdings ist der Informationswert dort unten beträchtlich. Geltungsdrang, narzisstische Kränkungen, Neid, Hass, Gier nach Geld - hier lässt der Mensch die Hosen runter. Nackte alte Männer laufen durch die Straßen und behaupten, Kaiser zu sein. Ich amüsiere mich zu Tode. (Der Standard/rondo/28/09/2007)