OMV-MOL werde die Größe haben, mit Europas bedeutendsten integrierten Öl- und Gasunternehmen effektiver in den Wettbewerb zu treten, wirbt die heimische OMV um die widerspenstige Konkurrenz.

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Der größte österreichische Energiekonzern OMV macht Ernst mit der Übernahme des ungarischen Gas- und Ölkonzerns MOL. In einer überraschenden Absichtserklärung hat die OMV den MOL-Aktionären ein Angebot von 32.000 Forint (128 Euro) je Aktie unterbreitet. Auch die EU-Kommission hat die OMV bereits über ihre Fusionsabsichten informiert. Schlagend wird das Angebot aber erst dann, wenn auch die ungarische Regierung und das MOL-Management einlenken. Und danach sieht es weiterhin nicht aus.

MOL und Ungarn bleiben bei Nein

Das Management der MOL hat die Absichtserklärung zurückgewiesen. Die MOL werde mit diesem Angebot deutlich unterbewertet, daher werde es von der MOL-Führung nicht weiter in Betracht gezogen und es werde auch keine diesbezüglichen Verhandlungen mit der OMV geben, hieß es dazu aus Budapest.

Im Gegensatz zur OMV befürchtet die MOL Überschneidungen und Wertverluste durch Verkaufsvorgaben der EU-Wettbewerbsbehörde.

"Sehen keinen Sinn darin"

Die Absichtserklärung sei rechtlich gesehen kein Übernahmeangebot, erklärte die MOL in einer Aktionärsmitteilung. Die Ankündigung enthalte auch keinerlei neue Informationen gegenüber früheren OMV-Plänen, die die MOL-Führung bereits abgelehnt habe, sagte Unternehmenssprecher Szabolcs Ferencz: "Wir sehen keinen Sinn darin, mit einem bedingten Angebot Zeit zu verschwenden, das keinerlei Vorteile für unsere Aktionäre bringt."

Die ungarische Regierung, die sich in der Vergangenheit wiederholt gegen die Übernahmebestrebungen der OMV gestellt hatte, bezeichnete die Avancen der Österreicher heute neuerlich als Versuch einer "feindlichen Übernahme". Ähnlich wie andere EU-Staaten und in Übereinstimmung mit EU-Recht wolle die ungarische Regierung die Kontrolle über strategisch wichtige Unternehmen behalten, wenn ihnen die Übernahme durch Unternehmen drohe, hinter denen andere Staaten stehen, erklärte Regierungssprecher David Daroczi. Die Regierung in Budapest hatte bereits in der Vergangenheit angekündigt, eine feindliche Übernahme der MOL durch die OMV notfalls per Gesetz zu verhindern.

OMV wirbt um Aktionäre

Hinter den Kulissen hat die OMV unterdessen ihre MOL-Anteile weiter aufgestockt - von 18,6 auf 20,2 Prozent. "Wir orten derzeit noch weder beim Management noch bei der Regierung einen Meinungsumschwung. Deshalb wenden wir uns jetzt an die Aktionäre und fragen sie, ob sie einen Zusammenschluss befürworten", sagte OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer Dienstagfrüh in einer Telefonkonferenz. Die OMV sei mit vielen MOL-Aktionären bereits in Kontakt, zumal sie ohnehin oftmals die selben seien wie jene der OMV. Bisher sei von ihrer Seite eine "überwältigende Zustimmung" für einen Zusammenschluss gekommen.

Konkrete Perspektive

In den letzten Gesprächen mit den Aktionären hätten viele jedoch eine konkrete Perspektive eingefordert, was sie sich von einem OMV-Angebot erwarten können. Mit der nunmehrigen Absichtserklärung mache der Konzern klar, wozu er in der Lage sei, so Ruttenstorfer. Der in Aussicht gestellte Preis von 32.000 Forint liege knapp 19 Prozent über dem letzten MOL-Kurs und fast 44 Prozent über jenem Kurs, auf dem die MOL-Aktie vor Ausbruch der Übernahmegerüchte durch die OMV gelegen war. Die gesamte MOL wird damit derzeit mit knapp 14 Mrd. Euro bewertet.

Die OMV habe mit einem kleinen Syndikat internationaler Banken bereits die notwendigen Mittel aufgestellt. Für 9 Mrd. Euro sei die Finanzierung dadurch bereits sichergestellt, so Finanzvorstand David Davies in der Telefonkonferenz.

Zahlreiche Hindernisse

Spruchreif wird das Angebot aber erst dann, wenn "die Hindernisse zur Erlangung der Kontrolle über die Stimmrechte in MOL beseitigt sind". Derzeit hat die MOL die Stimmrechte ihrer Aktionäre unabhängig von der Größe ihres Anteils auf 10 Prozent beschränkt. Gleichzeitig kontrolliert das MOL-Management laut Finanzmarkt-Kreisen über "befreundete Unternehmen" etwa 40 Prozent der Anteile und hat damit bisher erfolgreich eine Änderung der Statuten blockiert. Zusätzlich wird im ungarischen Parlament derzeit über ein neues Gesetz zum Schutz strategisch wichtiger Unternehmen vor Übernahmen geprüft. "Das könnte noch ein zusätzliches Hindernis werden", so Ruttenstorfer.

Weitreichende Zugeständnisse

Die OMV versucht die ungarische Führung nun mit weitreichenden Zugeständnissen in letzter Minute doch noch zum Umdenken zu bewegen. Im Falle einer Übernahme wäre man sogar bereit, das Management und den Hauptsitz für das wichtigste Teilgeschäft des neuen Gemeinschaftskonzerns, den Raffinerie-Bereich, nach Budapest zu verlagern, sagte Ruttenstorfer. Außerdem bietet die OMV Ungarn im neuen, gemeinsamen Aufsichtsrat zwei Vertreter entsprechend den zwei Repräsentanten der österreichischen Staatsholding ÖIAG und die Schaffung eines neuen Management-Teams, das sich aus den besten Köpfen beider Unternehmen zusammensetzt. "Auch hinsichtlich vieler anderer Themen wie Firmenname, Sprache, Marke, Mitarbeiteranzahl, Investorenkontakte, Steueraufkommen sowie Investitionen ist unser Hauptanliegen eine Gleichbehandlung der österreichischen und ungarischen Stakeholder." Damit wolle man gegenüber der ungarischen Regierung noch stärker verdeutlichen, dass es sich bei der angepeilten Fusion um einen "Zusammenschluss unter Gleichen" handeln würde, so Ruttenstorfer.

Synergieeffekte von 400 Millionen

Man sei davon überzeugt, dass die Fusion eine Effizienzsteigerung von ungefähr 400 Mio. Euro pro Jahr bringen würde. Außerdem werde die Konkurrenz von russischen Konzernen wie Lukoil und Rosneft aber womöglich auch aus Kasachstan schon in den nächsten zwei bis drei Jahren härter werden. Daher sei die OMV überzeugt, dass es sinnvoll wäre, die Kräfte mit der MOL zu bündeln.

Zusammen würden OMV und MOL auf eine Öl- und Gasproduktion von 427.000 Fass (boe) pro Tag kommen, die inklusive laufender Projekte schon bald auf eine halbe Million Fass ansteigen sollte. Die gemeinsamen Raffinerie-Kapazitäten liegen bei 43 Mio. Tonnen im Jahr, mehr als die europäischen Kapazitäten von BP, Repsol oder INA. Das gemeinsame Tankstellen-Netz umfasst rund 3.500 Standorte. Dazu kommt ein 7.500 Kilometer langes Gas-Pipeline-Netz und eine MOL-Petrochemie-Sparte, die sich "ganz gut" mit der OMV-Beteiligung am Petrochemie-Konzern Borealis ergänze, so Ruttenstorfer.

Vorsprache in Brüssel

In Brüssel hat die OMV nach eigenen Angaben schon ein wettbewerbsrechtliches Voranmeldeverfahren in Sachen MOL bei der Europäischen Kommission eingeleitet. Detaillierte Analysen und Diskussionen deuteten bisher darauf hin, dass das zusammengeschlossene Unternehmen gewisse Veräußerungen tätigen müsste. Die OMV sei jedoch davon überzeugt, dass derartige Veräußerungen keinen materiellen Einfluss auf die Attraktivität eines Zusammenschlusses haben würden, erklärte der Konzern.

Die OMV-Aktien lagen gegen 10.40 Uhr mit 4,71 Prozent im Minus bei 49,14 Euro. In den Handel waren sie nach Bekanntgabe des Angebots 4,01 Prozent unter dem Vortagesschluss gestartet, dazwischen hatte sich das Minus auf rund 6 Prozent vergrößert. "Das Angebot enthält eine ganz anständige Prämie gegenüber dem letzten Kurs - der Markt scheint von dem Vorhaben zudem noch nicht ganz überzeugt zu sein", kommentierte ein Händler die Abschläge. Die Aktien der MOL blieben an der Budapester Börse bis auf weiteres vom Handel ausgesetzt. (APA)