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Demonstrierende flüchten vor einem Tränengas-Angriff, im Vordergrund brennt ein Polizei-Motorrad.

Foto: AP / National League for Democracy-Liberated Area
Standard ONLINE - Artikel-Übersicht 26.9.2007 16:15 MEZ Tote bei Kundgebungen gegen Militärregime in Rangun Oppositionsnaher Radiosender: Polizei schießt auf Demonstranten Rangun - Bei den Protesten in Burma sind nach Angaben eines Klostervertreters und eines Krankenhauses mindestens zwei Mönche und ein Zivilist getötet worden. Der von Exil-Burmesen betriebene Rundfunksender "Democratic Voice of Burma" in Oslo teilte mit, dass acht Menschen getötet wurden.

Augenzeugen zufolge feuerten Soldaten und Polizisten in der Nähe der Sule-Pagode im Stadtzentrum von Rangun über die Köpfe der Demonstrierenden, die in Panik flüchteten. Ein blutender Mönch wurde weggetragen. Es war nicht klar, ob der Mann tot oder verletzt war.

Papiermasken gegen Tränengas

Augenzeugen zufolge versuchten 10.000 buddhistische Mönche, die Polizeiabsperrungen vor der Shwedagon-Pagode zu durchbrechen, an der die Demonstrationen üblicherweise beginnen. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Mönche zurückzudrängen, bis zu 200 Demonstranten wurden festgenommen. Viele Protestierende trugen Atemmasken aus Papier, um sich so gegen Reizgas zu schützen.

In der zweitgrößten Stadt des Landes, Mandalay, demonstrierten bis zu 10.000 Menschen. Die oppositionsnahe Webseite Irawaddy berichtet, dass auch dort Warnschüsse abgefeuert und Tränengas eingesetzt worden sei, die Asian Human Rights Commission meldet, dass die Proteste dort ungehindert abliefen.

Demonstrationen endeten bei Einbruch der Dunkelheit

Trotz des massiven Aufgebots an Soldaten und Polizisten schwoll die Zahl der Demonstranten im Laufe des Tages erneut auf rund 100.000 an. "Sie ziehen durch die Straßen, die Mönche in der Mitte und die einfachen Leute an der Seite. Sie schirmen sie ab, bilden einen menschlichen Schutzschild", beschrieb ein Augenzeuge im ohrenbetäubenden Lärm der Demonstration die Szene. Bei Einbruch der Dunkelheit zerstreute sich die Menge. Seit Dienstag gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

NLD: "Wir haben die Behörden gewarnt"

Die Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi nannte den Schlagstockeinsatz gegen Mönche "das größte, irreparable Unrecht in der Geschichte".

Mit der Misshandlung von Mönchen habe die Militärdiktatur einen nicht wieder gutzumachenden Fehler gemacht, hieß es in einer NLD-Erklärung. "Wir hatten die Behörden gewarnt, dass sie mit einem gewaltsamen Vorgehen gegen friedliche Protestmärsche den schlimmsten und irreparablen Fehler begehen würden". Die NLD hatte 1990 die Wahl zu einer konstituierenden Nationalversammlung mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch verweigerte das Militär die Machtübergabe.

1988 hatte die Militärregierung eine pro-demokratische Bewegung blutig niedergeschlagen. Vermutlich wurden damals etwa 3000 Menschen getötet.

Versammlungsverbot und Festnahmen

Die herrschende Militärjunta hatte in Rangun und Mandalay ein Ausgehverbot von 21.00 bis 05.00 Uhr verhängt. Versammlungen von mehr als fünf Personen sind verboten.

In der Nacht auf Mittwoch wurden nach BBC-Informationen prominente Regimekritiker festgenommen. Neben Win Naing, einem 70 Jahre alten Pionier der burmesischen Demokratiebewegung, sei auch der beliebte Schauspieler Zaganar in Haft, hieß es. Der Komödiant, dessen Programme bereits mehrmals verboten wurden, leitete gemeinsam mit dem Schauspieler Kyaw Thu und dem Schriftsteller Aung Way ein Kommitee, das die Protestierenden mit Wasser und Lebensmitteln versorgte.

Am Dienstag hatte es geheißen, die seit Jahren unter Hausarrest stehende Führerin der burmesischen Demokratiebewegung, Aung San Suu Kyi, sei in das berüchtigte Insein-Gefängnis gebracht worden.

Auch in der Hafenstadt Sittwe demonstrierten am Mittwoch rund 15.000 Menschen gegen die Militärdiktatur. Angeführt von Mönchen zogen die Demonstranten durch die 560 Kilometer westlich von Rangun gelegene Stadt, berichteten Augenzeugen. Polizisten säumten die Straßen, über Übergriffe wurde zunächst nichts bekannt.

Größte Proteste seit 20 Jahren

Der von einer Militärjunta regierte burmesische Staat erlebt derzeit die größte Protestbewegung gegen die Führung seit 20 Jahren. Das Militär ließ in der Nacht in Rangun Bereitschaftspolizisten und Soldaten aufmarschieren. Zuvor waren den achten Tag in Folge etwa 10.000 buddhistische Mönche durch die Straßen marschiert. Sie riefen "Demokratie, Demokratie". Auslöser der Proteste war eine drastische Preiserhöhung für Benzin und Lebensmittel. (APA/dpa/Reuters)