"La voglia" (ital. für "die Lust")...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... eine hochklassige Osteria mit gutem Design und ganz erstaunlicher Weinauswahl...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... hat ein traditionsreiches Wirtshaus wiederbelebt.

Fotos: Gerhard Wasserbauer

Foto: Gerhard Wasserbauer

 

Es ist so lange her, dass es schon fast nicht mehr wahr ist, aber irgendwann war die "Güldene Waldschnepfe" in Dornbach tatsächlich ein gefeiertes Wirtshaus für die besseren Leute - vor dem Ersten Weltkrieg. Nun wurde das prächtige, aber zusehens zerlemperte Gebäude von einem Bauunternehmer gekauft. Der holte eine Bank als Mieter rein, adaptierte die oberen Stockwerke für Eigengebrauch und bildete sich ein, im ehemaligen Schankraum ein italienisches Restaurant einrichten zu müssen. Ausgerechnet - als ob Wien nicht schon genug pseudo-mediterrane Nobelrestaurants mit trostloser Küchenleistung zu bieten hätte.

Doch es kam anders. Der hohe, langgestreckte Raum mit dem blunzenfarbenen Terrazzoboden wurde mit Geschmack und Sinn fürs Weglassen renoviert. Mit Antonio Noto fand man einen routinierten ligurischen Küchenchef, der zuvor mit diversen Lokalen in Wien eher glücklos agiert hatte, in der offenen Küche des "La Voglia" (die Lust) getauften Lokals aber ganz gehörig Gas gibt und wirklich gekonnt zwischen ultraklassischer, orthodoxer "Cucina della Nonna" und durchaus gewagter Kreativküche balanciert.

Zusammenkrachende Aromen

Federleichte "Frittura di Calamari e Zucchini", eine intensive "Zuppa di Gamberi" mit vielen Shrimps und einer im Ganzen gebratenen Riesengarnele oder hausgemachte "Spaghetti Vongole" von betörender Konsistenz gehören in erstere Kategorie; roh marinierte Sardellen mit wild fruchtiger Himbeercreme, eine Kombination, bei der die Aromen ordentlich zusammenkrachen, um schlussendlich umso erstaunlicher zueinander zu finden, oder ein mit Campari und Orange karamellisiertes Rindsfilet in zweitere.

Die "Bistecca Fiorentina" vom riesenhaften, weißen Chianina-Rind (pure, blutige Fleischeslust) gibt es nur, wenn die Lieferung klappt und das Nachreifen im "Voglia"-Kühlhaus abgeschlossen ist - leider zu selten. Wenn sie auf der Karte steht, wäre es grobe Unvernunft, nicht sofort zu bestellen: So einen fantastischen, gut abgehangenen Brocken Rindfleisch, so furchtlos zu dunkelroter, butterzarter Perfektion gebraten, wird man in Tafelspitz-Town wohl kein zweites Mal finden.

Fast noch erstaunlicher als die Küchenleistung ist die Weinkarte mit ausschließlich italienischen Positionen. Vom irrwitzig guten Preis-Leistungs-Verhältnis (Bouteillen ab € 16) über die Tiefe des Angebots mit etlichen ungewöhnlichen Flaschen bis zur Ausschilderung der jeweiligen "Gambero Rosso"-Bewertungen wird hier ein Standard gesetzt, der die Konkurrenz nervös machen dürfte. Bemerkenswert: Sie wurde von Fabio Gobbo, einem Freund der Betreiber, zusammengestellt, der ein reiner Amateur ist - tagsüber verkauft er Energiesparsysteme. Ach ja: reines Nichtraucherlokal! (Severin Corti/Der Standard/rondo/21/09/2007)